"Unser Karl ruht in seiner Welt, glücklich und frei"
ISLAMABAD - Die Lage am Nanga Parbat hat sich wieder zugespitzt. Der Kontakt zu den beiden Bergsteigern Simon Kehrer und Walter Nones ist nach einem erneuten Lebenszeichen am Montag wieder abgerissen. Derweil hat sich Karl Unterkirchers Frau Silke mit einem Brief von ihrem tödlich verunglückten Mann verabschiedet.
Die Freude beim Rettungsteam im Basislager am Nanga Parbat war nur von kurzer Dauer: Zwar gab es am Montag nach 24-stündiger Unterbrechung wieder ein Lebenszeichen von den Bergsteigern Simon Kehrer (29) und Walter Nones (36). Doch in ihrem Anruf per Satellitentelefon teilten die beiden Südtiroler nur mit, dass sie in einem heftigen Schneesturm auf dem Bazin-Gletscher in 7000 Meter Höhe fest sitzen. Es gehe ihnen aber weiterhin gut.
Ihr Ziel ist weiterhin der Abstieg zum Basislager, das auf rund 5000 Meter am Fuß der Rakhiot-Eiswand liegt, in der das Drama seinen Anfang genommen hatte. Dort stürzte Karl Unterkircher (38) vor knapp einer Woche in eine Gletscherspalte, konnte nicht mehr gerettet werden. Anschließend hingen dort seine Kameraden tagelang fest, kamen weder vor noch zurück.
Reinhold Messner zuversichtlich
Der Bergsteiger Reinhold Messner zeigte sich indes zuversichtlich, dass die Südtiroler Bergsteiger den Abstieg am Nanga Parbat gut bewältigen. „Ich glaube, dass die beiden ganz gut herunterkommen. Sie haben Nahrungsmittel und sind per Satellit mit dem Basislager verbunden", sagte Messner. Andere Experten sind nicht so zuversichtlich, besonders da der Gletscher, über den Nones und Kehrer absteigen müssen, stark zerklüftet und sehr schwierig zu begehen ist.
Im Basislager sind derweil die beiden Bergsteiger Maurizio Gallo und Silvio Mondinello sowie zwei Hochgebirgsträger zur Untätigkeit verdammt. Extrem schlechtes Wetter verhindert weitere Aufklärungsflüge. „Es regnet, die Wolken hängen tief, es ist wirklich finster", sagte Gallo dem Internetdienst montagna.tv.
Zudem weist der Bergsteiger Gerhard Rosenits (der selbst Erfahrung mit Himalaya-Riesen hat), darauf hin, dass Nones und Kehrer nicht nur vor einer bergsteigerischen Herausforderung stünden, sondern sich auch in einer körperlichen Ausnahmesituation befinden: „Die Qual des Gehens ist beim Abstieg nicht geringer", sagte der erfahrene Alpinist der österreichischen Nachrichtenagentur APA. Zudem führten der stetige Sauerstoff- und Energiemangel in diesen Höhen zu einem Zustand, „in dem man leicht Fehlentscheidungen treffen kann".
Wetter macht Rettung unmöglich
Noch am Sonntag hatte es so ausgesehen, als könnten die beiden in Bergnot geratenen Extrem-Kletterer Simon Kehrer und Walter Nones am Montag absteigen und dann per Hubschrauber aus dem Basislager geborgen werden. Doch dann hatte sich das Wetter dramatisch verschlechtert, an Hubschrauberflüge war überhaupt nicht zu denken.
„Das Wetter hat sich schlagartig geändert. Bereits in den Morgenstunden begann es zu regnen und die Sicht ist unzureichend. Sonntag nacht konnte man noch die Sterne am Himmel sehen", sagte der Südtiroler Bergsteiger Maurizio Gallo, der sich mit dem Rettungsteam im Basislager befindet, laut „südtirol online".
Doch die Hoffnung bleibt. „Wir glauben fest daran, dass das Wetter in den Höhen, in welchen sich Nones und Kehrer befinden, besser ist. Wir hoffen, dass wir bald mit unserem Hubschrauber starten können, um zu sehen, wo sich die beiden Bergsteiger befinden. Der Weg, den sie nehmen müssen, ist voller Spalten und Klüfte", so Gallo.
Nach Tagen der Ungewissheit hatten die beiden Bergsteiger am Sonntag mit Hilfe eines abgeworfenen Satellitentelefons erstmals Kontakt zu den Rettern herstellen können. Dabei kündigten sie an, über eine längere, aber relativ sichere Route selbst mit dem Abstieg in ein auf 6500 Meter Höhe gelegenes Basislager zu beginnen.
Keine Hoffnung für Bergsteiger Karl Unterkircher
Während Nones und Kehrer den Abstieg wagen, liegt der verunglückte Bergsteiger Karl Unterkircher tot in einer Gletscherspalte am Nanga Parbat. Für den Südtiroler, der am Dienstag in eine Felsspalte gestürzt war, besteht nach pakistanischen Angaben keine Hoffnung mehr.
In einem Brief auf seiner Homepage nimmt seine Frau Silke von ihm Abschied. Dort heißt es:
„In diesen letzten Jahren wurde ich immer gefragt: 'wie machst du das, immer alleine mit drei Kindern, hast du denn keine Angst um deinen Mann?'. Ich habe ihn deshalb nie verurteilt. Karl lebte ein etwas anderes Leben, und liebte ihn gerade deswegen, wegen seines Mutes die eigenen Träume zu leben, wegen seiner Willensstärke und wegen der Ruhe die er ausstrahlte. Mit seinen 38 Jahren hat Karl ein aussergewöhnlich bewegtes und intensives Leben geführt. Ich bin so dankbar dafür, dass ich mit ihm fast zwölf Jahre Glück und Leid teilen durfte. Unser geliebter Karl ruht nun dort oben, in seiner Welt, glücklich und frei. Ich bin sicher, dass er mich und unsere Kinder von dort oben mit seiner sicheren Hand lenken wird. Silke mit Alex, Miriam und Marco
Die Männer waren am Dienstag bei der Besteigung des 8125 Meter hohen Nanga Parbat von schlechtem Wetter überrascht worden. Regen hatte Geröll auf ihren Pfad geschwemmt und so den Rückweg blockiert. Für Karl Unterkircher besteht nach pakistanischen Angaben keine Hoffnung mehr.
(AZ, dpa)
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