Unschuldig hingerichtet?

2004 musste Cameron Todd Willingham in Texas an einer Giftspritze sterben. Schon damals gab es Zweifel, ob er seine drei Töchter umgebracht hat – jetzt wird der Fall wieder aufgerollt
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Mörder oder Unschuldiger? Cameron Todd Willingham.
AP Mörder oder Unschuldiger? Cameron Todd Willingham.

Washington - 2004 musste Cameron Todd Willingham in Texas an einer Giftspritze sterben. Schon damals gab es Zweifel, ob er seine drei Töchter umgebracht hat – jetzt wird der Fall wieder aufgerollt

Noch in der texanischen Hinrichtungskammer, kurz bevor ihm das tödliche Gift in die Vene gespritzt wurde, blieb er dabei: „Ich bin ein unschuldiger Mann“, sagte Cameron Todd Willingham. „Ich bin 12 Jahre wegen etwas verfolgt worden, das ich nicht getan habe.“

Das war 2004. Schon damals gab es erhebliche Zweifel, ob er 1991 wirklich seine drei kleinen Töchter verbrannt hatte – jetzt wird der Fall nochmals untersucht.

Falls heraus käme, dass Willingham tatsächlich unschuldig ist, wäre das eine Premiere in den USA: Zum ersten mal müsste ein Staat offiziell eingestehen, einen Unschuldigen umgebracht zu haben.

Ein Richter will die Hinrichtung untersuchen und könnte noch im Oktober bescheinigen, dass ein Unschuldiger exekutiert wurde. Menschenrechtsgruppen sagen, Texas habe mit seinem republikanischen Gouverneur Rick Perry alles Mögliche getan, um zu verhindern, dass es zu einem Offenbarungseid kommt. Bald stehen Gouverneurswahlen an – und Perry bewirbt sich.

Die Tat: Cameron Todd Willingham soll 1991 als 23-Jähriger sein Haus in Brand gesteckt haben, um seine drei kleinen Töchter – einjährige Zwillinge und eine Zweijährige – loszuwerden. Sie hätten ihn bei seinen Hobbys gestört, Biertrinken und Pfeilewerfen. Die Mädchen starben, Staatsanwaltschaft und Geschworene kamen schnell zu dem Schluss: Dieser Mann ist ein Monster.

Noch während Willingham in der Todeszelle saß, meldeten Experten Zweifel an. Die vermeintlichen Beweise für Brandstiftung beruhten auf Methoden und Ansichten, die längst überholt seien. Ein US-weit renommierter Fachmann unterstützte Willinghams Bitte um Begnadigung kurz vor der Hinrichtung mit einem Bericht, in dem er alle im Prozess vorgelegten forensischen Erkenntnisse zerpflückte. Aber es half nichts. Sowohl der staatliche Begnadigungsausschuss als auch Gouverneur Perry folgten den Argumenten nicht.

Der vor dem Brand mehrfach wegen Diebstahls oder Alkohol am Steuer verknackte Willingham sei beileibe kein Engel gewesen, räumten die Fürsprecher des Hingerichteten ein. Er habe auch wiederholt seine Frau geschlagen, aber das mache einen Menschen noch lange nicht zum Kindermörder. cl

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