Unbeirrt in den Golf von Aden: Touristen suchen das Risiko
Was tun gegen die Piraten-Überfälle? Nur wenige stornieren ihre Kreuzfahrt - obwohl dies kostenlos wäre
MÜNCHEN Meidung der gefährlichen Route, militärischer Geleitschutz – viele Versuche werden unternommen, um das Risiko von Piratenangriffen vor der somalischen Küste zu minimieren. „Das einfachste wäre, die fünf oder sechs Mutterschiffe der Seeräuber zu versenken – aber das ist nicht zulässig“, sagt ein Schifffahrt-Experte, der nicht genannt werden will, im Gespräch mit der AZ.
„Mehr Marinepräsenz“, das fordert John Will, Sprecher der Reederei Transocean Tours von der Bundesregierung – ebenso wie andere Reiseveranstalter. Doch die Politik gibt den Ball zurück. Verteidigungsminister Franz Josef Jung (CDU) nennt die Vergnügungsfahrten vor der somalischen Küste unverantwortlich, es gebe eine klare Warnung für das Seegebiet. Mehr Verantwortung von den Reedern verlangt auch SPD-Fraktionschef Struck: „Sie dürfen nicht nur auf den Schutz der Marine zählen.“
Eine Möglichkeit für besseren Eigenschutz sieht der Fachhochschul-Dozent Peer Schmidt-Walther zum Beispiel darin, dass die Kreuzfahrtschiffe, die etwa zeitgleich die gefährliche Route passieren, sich zu Konvois zusammenschließen, die dann von Fregatten unterschiedlicher Nation begleitet werden können.
Aber auch eine spezielle Art der Bewaffnung für die zivilen Schiffe hält er für denkbar. Schmidt-Walther zur AZ: „Es gibt Schallkanonen, die so hochfrequente Töne ausstoßen, dass den Piraten schier das Trommelfell platzen würde, wenn sie sich nicht schleunigst entfernten.“ Dass sich die Touristen am besten ganz von der gefährlichen Region fern halten und auf Kreuzfahrten verzichten sollten, hat unter anderem die Vorsitzende des Tourismusausschusses im Bundestag, Marlene Mortler (CSU) gefordert: „Es ist unverantwortlich, wie manche deutsche Urlauber das Risiko suchen. Es kann nicht sein, dass der Staat in Extremfällen sogar für die Kosten aufkommen muss.“
Dabei dürften Kreuzfahrtgäste kostenlos stornieren, so der Reiserechtler Holger Hopperdietzel aus Wiesbaden, denn für den Golf von Aden gibt es eine Reisewarnung des Auswärtigen Amtes.
Von der Möglichkeit machen aber nur wenige Urlauber Gebrauch. Die Fahrt mit der „MS Columbus“ stornierten von 272 Passagieren nur 26. Beim Transocean Tours gar, dessen Schiff „Astor“ die Route befahren hatte, wollte kein einziger Passagier die Reise stornieren. M. Heinrich
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