Umstellung auf Winterzeit: Eine Stunde Schlaf geschenkt

München - Für alle sensiblen Schläfer die gute Nachricht zuerst: Die Zeitumstellung am Sonntag, 28. Oktober, dürfte die meisten nicht um ihren Schlaf bringen. Zur Erinnerung: Die Uhren werden um 3 Uhr nachts eine Stunde zurückgedreht. 60 Minuten Schlaf bekommt man also "geschenkt".
Nicht nur dieses Plus an Bettzeit macht die Umstellung auf die Winterzeit einfacher, wie Chronobiologin Eva Winnebeck der AZ erklärt. Sie ist die Teamleiterin des Schlaflabors der Medizinischen Psychologie der LMU. "Die Winterzeit ist die Normalzeit, also die echte Sonnenzeit. Die Zurückstellung können wir daher ganz gut verkraften." (Lesen Sie hier: Bundesbürger mehrheitlich für Beibehaltung der Sommerzeit)
Winterzeit deutlich schlimmer als Sommerzeit
Gerade sind wir noch in der "künstlichen" Sommerzeit, die laut Winnebeck unseren natürlichen Rhythmus stört. Viele empfinden das vom Menschen beeinflusste Drehen an der Uhr im Frühjahr (eine Stunde nach vorne) deswegen deutlich schlimmer. "Einerseits wird uns dabei eine Stunde Schlaf genommen. Andererseits ist es wieder dunkler am Morgen, dadurch fällt einem das Aufstehen schwerer."
Die Münchner Chronobiologin erklärt weiter: "Morgenlicht ist für die innere Uhr besonders wichtig. Außerdem hat es eine stimulierende Wirkung, erhöht die Aufmerksamkeit und ist gut für das Gemüt."
Zeitumstellung ist schädlich
Sommerzeit, Winterzeit, Sommerzeit, Winterzeit – wie eine EU-Umfrage kürzlich ergeben hat (AZ berichtete), haben dieses Hin und Her vor allem die Deutschen satt. Auch Winnebeck ist dafür, dass die Uhren nicht mehr umgestellt werden. "Es gibt keinen biologischen Grund, die Uhr umzustellen. Es bringt nichts und ist sogar schädlich."
Studien haben demnach gezeigt, dass kurz nach der Umstellung auf Sommerzeit die Unfallraten steigen – zu wenig Schlaf bei den Verkehrsteilnehmern, zu wenig Aufmerksamkeit, fehlendes Licht und dafür mehr Wildwechsel, denn die Tiere haben sich noch nicht an die vorgezogenen Routinen der Menschen angepasst.
Abschaffung der Zeitumstellung auch problematisch
Sogar die Zahl der Herzinfarkte steigt laut Winnebeck nach der Umstellung auf die Sommerzeit. Auch wenn eine ewige Sommerzeit, wie es viele in der EU-Umfrage präferiert haben, verlockend klingt, warnt die Expertin ausdrücklich davor. "Das ist, als hätte man zur Auswahl: Salat oder Pommes – und man nimmt Pommes."
Sie führt aus: "Wir gehen davon aus, dass riesige Probleme entstehen, wenn im Winter Sommerzeit herrscht. Das Risiko für Stoffwechselerkrankungen, Krebs und Depression wird steigen", sagt Winnebeck. Weiter sagt sie: "Unter permanenter Sommerzeit würden wir weniger Licht am Morgen bekommen. Das würde die innere Uhr nach hinten stellen und lässt uns später einschlafen."
"Normalzeit" statt "Winterzeit"
Das heißt: "Die unausgeschlafene Gesellschaft würde sich verstärken." Im Winter würde die Sonne in München bei diesem Szenario erst um 9 Uhr aufgehen, und Kinder müssten von Herbst bis Frühling im Dunkeln zur Schule gehen, so Winnebeck.
Zum Vergleich hat sie berechnet, wie sich dagegen eine dauerhafte Winterzeit auswirken würde: "Hätten wir dagegen eine konstante Winterzeit, bekämen wir bis zu drei Monate mehr hellere Morgen in München." Um das negative Image der Winterzeit zu beseitigen, ist sie für den Begriff "Normalzeit".
Die innere Uhr
Nicht jeder tickt gleich. Auf die innere Uhr eines Menschen wirken genetische Faktoren, aber auch das Geschlecht spielt eine Rolle, erklärt Eva Winnebeck. "Männer haben prinzipiell eher spätere Uhren als Frauen. Woran das genau liegt, weiß man noch nicht."
Aber auch das Alter ist entscheidend. Tendenziell seien Kleinkinder und Grundschüler Früh-Typen – sie können leicht früh aufstehen und gehen auch zeitig ins Bett. Teenager entwickelten dagegen eine spätere innere Uhr. Ein Schulbeginn um 8 Uhr ist damit eigentlich entgegen ihrem inneren Rhythmus. Mit 20 bis 22 Jahren kippt es laut Winnebeck langsam wieder. Senioren haben tendenziell wieder eine frühere innere Uhr.