Ultimate Fighting: Ring frei für den härtesten Kampfsport der Welt

Prügeln bis zum Abwinken in einem achteckigen Käfig aus Draht: Morgen erstmals in Deutschland. Die Kritiker sprechen von Lebensgefahr, die Veranstalter von einer Hetzkampagne
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Schlagen sich morgen bis zur Bewusstlosigkeit: Der brasilianische Kämpfer Wanderlei Silva (r.) und sein Kontrahent Rich Franklin aus den USA.
dpa Schlagen sich morgen bis zur Bewusstlosigkeit: Der brasilianische Kämpfer Wanderlei Silva (r.) und sein Kontrahent Rich Franklin aus den USA.

Prügeln bis zum Abwinken in einem achteckigen Käfig aus Draht: Morgen erstmals in Deutschland. Die Kritiker sprechen von Lebensgefahr, die Veranstalter von einer Hetzkampagne

Bevor Rich Franklin zur Kampfmaschine wurde, unterrichtet er Jugendliche in Algebra und den Grundlagen der Geometrie. Der 34-Jährige hat Mathematik studiert, einen Master in Pädagogik abgeschlossen und vier Jahre als Lehrer an einer Highschool im US-Bundestaat Ohio gearbeitet. Allerdings dürfte den meisten Zuschauern egal sein, welche akademischen Leistungen Franklin vollbracht hat. Wenn der US-Amerikaner in den Käfig steigt, wollen sie ihn kämpfen sehen und nicht rechnen oder reden. Doch für die Manager der amerikanischen Kampfsportorganisation ,,Ultimate Fighting Championship‘‘ (UFC) ist Rich Franklin mehr als ein Kämpfer. Er ist ein Argument. Ein Argument für die Salonfähigkeit des angeblich härtesten Sportart der Welt.

Politiker, Kampfsportfans und die UFC streiten darüber, ob Käfigkämpfe Sport sind oder Barbarei. Am 13. Juni kämpfen in Köln erstmals Athleten der UFC in Deutschland. Sachlich ist die Diskussion um die Free-Fights längst nicht mehr. Die Gegner sprechen von Gladiatorenkämpfen und Lebensgefahr - die Veranstalter von Hochleistungssport und einer Hetzkampagne der Politik.

Verboten sind: Beißen, Tiefschläge und Feigheit

Beim Ultimate Fighting kombinieren die Kämpfer Techniken aus Kickboxen, Ringen und Jiu-Jitsu. Sie prügeln sich in einem achteckigen Käfig aus Draht. Ohne Kopfschutz und mit fingerlosen, 140 Gramm leichten Handschuhen hauen, treten und rangeln sie, bis einer der Kämpfer aufgibt oder k.o. geht. Stürzt ein Kämpfer, darf der andere auf ihn einschlagen, auch wenn er am Boden liegt. Ein Ringrichter kann den Kampf jederzeit abbrechen - dennoch wirkt Ultimate Fighting wie eine Schlägerei ohne Regeln.

,,Das ist völliger Quatsch‘‘, sagt Marshall Zelaznik, Präsident der UFC in Großbritannien. ,,Wir haben Regeln, wie jede andere Sportart auch.‘‘ Verboten sind unter anderem: Beißen, Tiefschläge, Fersentritte in die Nieren - und Feigheit. Zelaznik sagt, Ultimate Fighting sei nicht brutal, sondern Wettkampf in seiner reinsten Form, und Athleten wie Rich Franklin seien der Beweis dafür, dass es kein Sport für Schläger ist, sondern wie Schach mit Körpern.

,,Einen Toten hat es ja schon gegeben‘‘

,,Die Regeln sind lächerlich, die wollen doch das Blut fließt‘‘, entgegnet Kölns Bürgermeister Manfred Wolf. Gerne hätte er die Veranstaltung der UFC verboten, doch dafür fehle die rechtliche Grundlage. Der Kölner Stadtrat hatte sich bereits im März gegen die Käfigkämpfe ausgesprochen. ,,Die Kämpfe sind lebensgefährlich, einen Toten hat es ja schon gegeben‘‘, sagt Wolf.

Der Bürgermeister meint damit den Amerikaner Douglas Dedge, der 1998 bei einem Freistilkampf in der Ukraine ums Leben kam. Dedge war nach mehre Schlägen an seinen Kopf zusammengebrochen und zwei Tage später an einer Hirnblutung gestorben. Allerdings handelte es sich bei der Veranstaltung nicht um einen Kampf der UFC, und außerdem soll Dedge bereits vor dem Turnier einen angebrochenen Schädel gehabt haben. Für Wolf ist dennoch klar: ,,Beim Ultimate Fighting werden Grenzen überschritten, und deshalb werden wir auch weiter gegen diese Kämpfe vorgehen.‘‘ Die Stadt Köln und das Jugendamt haben bereits erreicht, dass bei den Käfigkämpfen keine Kinder im Publikum sitzen dürfen. ,,Der Veranstalter hat nachgegeben und eine Altersbeschränkung eingeführt‘‘, sagt Wolf.

,,Die Politiker hauen immer nur drauf‘‘

Dieser Veranstalter heißt Marek Lieberberg und bringt normalerweise Stars wie Madonna oder Bruce Springsteen auf die Bühne. Als ihn die UFC damit beauftragte, den Kampfabend in Köln zu organisieren, ahnte Lieberberg nicht, was auf ihn zukommt. Heute ist er genervt von den Diskussionen. ,,Wir sind Opfer des Kölner Wahlkampfgefechts‘‘, sagt er.

Am 30. August dieses Jahres finden in Köln Kommunalwahlen statt. Lieberberg vermutet, dass die Politiker bewusst Stimmung machen gegen die UFC, obwohl sie rechtlich keine Möglichkeiten haben, dagegen vorzugehen. ,,Die Vorurteile gegen Ultimate Fighting sind bekannt, wir haben sie thematisiert und wollen aufklären, aber die Politiker hauen immer nur drauf, weil sie zeigen wollen, wie hart sie sind.‘‘ Brutal findet Lieberberg die Freistilkämpfe nicht. Er sagt, in der UFC habe es nicht einen schweren Unfall gegeben, die Kämpfer seien größtenteils Akademiker und in den USA sei der Sport längst anerkannt.

,,Mann gegen Mann, Faust gegen Faust, Auge um Auge‘‘

In Vereinigten Staaten ist Ultimate Fighting in der Tat mindestens so populär wie Boxen. Die New York Times schreibt, dass mittlerweile sogar das amerikanische Militär den Freistilkampf nutzt, um Soldaten im Nahkampf auszubilden. Das US-Militär stelle inzwischen mehrere Kämpfer für professionelle Ligen. Ein Major wird mit dem Satz zitiert, dass viele Zuschauer der UFC geeignete Rekruten seien. Und Zuschauer gibt es eine Menge: Bis zu eine Million Pay-per-View-Kunden zahlen pro Kampfabend rund 45 Dollar. Das Forbes-Magazin schätzt den Wert der Marke UFC auf eine Milliarde Dollar. Und es soll noch mehr werden. In Kanada, Japan, Brasilien, England und Irland hat das UFC bereits Kämpfe veranstaltet. Jetzt folgt Deutschland. Das Ziel ist eine weltumspannende Kampfserie.

Am Samstag in Köln wird auch Rich Franklin, der kämpfende Mathelehrer, in den Käfig steigen. Der Amerikaner versteht nicht, dass viele Deutsche gegen Ultimate Fighting sind. ,,Das ist bei euch, wie in den Staaten vor zwölf Jahren‘‘, sagt er. Franklin ist sicher, dass die UFC mit der Zeit auch in Deutschland Erfolg haben wird. ,,Nichts fasziniert die Menschen so sehr, wie das Duell Mann gegen Mann, Faust gegen Faust, Auge um Auge - das war immer so, und so wird es immer sein.‘‘

Takis Würger

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