Überlebender in Nepal gefunden - Aggressivität wächst
Kathmandu - In Nepal hoffen die Helfer weiter, einzelne Überlebende zu retten. Das käme vier Tage nach dem schweren Erbeben einem Wunder gleich: Vor allem ziehen die Bergungskräfte Tote aus den Trümmern - inzwischen sind es allein in Nepal mehr als 5000. Helfer fürchten, dass die Zahl deutlich steigt, wenn weitere abgelegene Regionen erreicht werden. Den Rettern läuft die Zeit davon: Im Mai erreicht der Monsun Nepal, schon jetzt erschweren Regenfälle immer wieder die Arbeiten. Im Wettstreit um Nahrungsmittel wächst zugleich die Aggressivität.
Wie die Zeitung "Nepali Times" online berichtete, wurde ein Mann nach fast 82 Stunden unter den Trümmern in Kathmandus Stadtteil Gongabu gerettet. Ein zweiter Mann dort habe es nicht geschafft. Nach UN-Angaben wurden 14 Menschen seit dem Beben der Stärke 7,8 von professionellen Hilfstrupps aus dem Schutt geholt.
Wegen der schlechten Versorgungslage mehrt sich Kritik an der Regierung. Es gebe bereits vereinzelte Streitereien um Trinkwasser, berichtete das UN-Büro für Katastrophenhilfe (Ocha) in der Nacht zum Mittwoch. "Ungleiche Verteilung erhöht das Risiko von Auseinandersetzungen unter den Betroffenen." Regierungschef Sushil Koirala warb am Dienstagabend um Verständnis: Die Regierung werde aus ihren Fehlern lernen, betonte er.
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Der ohnehin überlastete Flughafen musste am Mittwoch vorübergehend wegen Rissen in der Landebahn gesperrt werden, wie lokale Journalisten berichteten. Die Risse seien aber schnell repariert worden. Zahlreiche Flüge mit Helfern und Hilfsmaterial mussten in den vergangenen Tagen wegen Überlastung des Flughafens unverrichteter Dinge wieder umkehren.
Aus Deutschland trafen Hilfsgüter ein. "Der erste Transportflieger, finanziert aus dem Auswärtigen Amt, ist jetzt endlich nach vielen, vielen Problemen in Kathmandu gelandet, mit 60 Tonnen Hilfsgütern, darunter eine Wasseraufbereitungsanlage", sagte der Beauftragte der Bundesregierung für Humanitäre Hilfe, Christoph Strässer (SPD), dem Fernsehsender Phoenix.
Mittlerweile sind Hilfsteams aus mehr als 15 Nationen in Nepal - koordiniert von den Vereinten Nationen und der nepalesischen Regierung. Am meisten würden derzeit Suchtrupps gebraucht, aber auch Zelte für Krankenhäuser, Leichensäcke und Generatoren, schreibt Ocha. Die Rettungsorganisation I.S.A.R. Germany etwa hat ein Team mit sieben Suchhunden in die Katastrophenregion geschickt.
Das Beben hatte große Teile des 31-Millionen-Landes Nepals sowie das angrenzende Indien und das chinesische Tibet getroffen. Betroffen sind nach UN-Angaben acht Millionen Menschen. In den Gebieten rund um das Epizentrum sind bis zu 90 Prozent der Gesundheitsversorgung nicht funktionsfähig.
Viele große Straßen aber sind wieder geöffnet. "Es ist sehr schwer, einen Fahrer zu finden, weil die meisten selbst betroffen sind und Kathmandu verlassen haben, um Zuhause nach dem Rechten zu sehen", sagt Markus Taglieber vom Erkundungsteam der Johanniter-Auslandshilfe. Viele andere Nepalesen allerdings packten mit an. "Wir haben Ärzte und Ingenieure gefunden, die mit aktiv werden wollten", sagte Taglieber der Deutschen Presse-Agentur.
Viele von Kathmandus 700 000 Einwohnern sind auf der Straße, um nach dem Überlebensnotwendigsten zu suchen. "Wir müssen jetzt Essensvorräte anlegen", sagte Chejum Gurung, die sich sechs Kindern aus ihrer Nachbarschaft angenommen hat. "Ich fühle noch immer, dass der Boden unter mir sich bewegt. Oder vielleicht sind es nur meine Beine."
Aus Angst vor Nachbeben verbringen viele Tausende die Nächte im Freien. Gerüchte verbreiten sich wie Lauffeuer: Er habe gehört, dass das nächste Beben die Stärke 15 haben werde, sagte ein junger Mann. Regierungsbehörden und Helfer baten in sozialen Netzwerken, die Menschen nicht mit unwahren Gerüchten zu erschrecken.
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