Toter Witwer Bögerl: "Er hatte keine Kraft mehr"
Heidenheim - Der Witwer der im vergangenen Jahr entführten
und ermordeten Bankiersfrau Maria Bögerl hat Selbstmord begangen.
Thomas Bögerl wurde am Montagmittag von einer Haushälterin erhängt
in seinem Haus im baden-württembergischen Heidenheim-Schnaitheim
aufgefunden, wie die Staatsanwaltschaft Ellwangen und die
Polizeidirektion Aalen am Abend gemeinsam mitteilten.
Nach bisherigen Ermittlungen sprechen keine Hinweise gegen einen
Suizid des 56-Jährigen. Zudem hinterließ der Tote einen kurzen
Abschiedsbrief, der allerdings keine Hinweise zu seinen Beweggründen
enthält. Zum Inhalt des Briefes machte die Polizei zunächst keine
Angaben.
Maria Bögerl war am 12. Mai 2010 aus ihrem Haus im eigenen Auto
entführt und später ermordet worden. Kurz nach ihrem Verschwinden
erhielt ihr Mann, Vorstandsvorsitzender der örtlichen Sparkasse, per
Telefon eine Lösegeldforderung über 300.000 Euro. Das Geld wurde
aber vom Täter nicht abgeholt. Die Entführte wurde drei Wochen
später, am 3. Juni, erstochen in einem Waldstück entdeckt. Ihr Mann
und die Kinder hatten sich zuvor in einem emotionalen Fernsehaufruf
an die Entführer gewandt. Der Mörder wurde bis heute nicht gefasst.
Noch am Montag sollte eine Obduktion klären, wie genau und wann
der Witwer zu Tode gekommen war. Die Polizei wollte sich zunächst
nicht dazu äußern, ob es einen Abschiedsbrief gibt. Auch ob Bögerl
allein gelebt habe, wurde nicht erläutert. Es hieß aber, seine
beiden Kinder wohnten nicht mehr zuhause.
Viele Ungereimtheiten in dem Fall
In dem Mordfall gibt es viele Ungereimtheiten. Unter anderem ist
nicht geklärt, ob Maria Bögerl bereits vor der geplanten
Geldübergabe ermordet wurde. Schnell kursierten auch zahlreiche
Theorien über die Rolle des Witwers bei der Geldübergabe und
darüber, warum das Lösegeld nicht rechtzeitig zum geforderten
Übergabezeitpunkt beschafft werden konnte.
Die Polizei sah sich infolge der Spekulationen veranlasst zu
erklären, dass der Ehemann des Entführungsopfers das Lösegeld
organisiert habe. Er habe sofort nach dem Anruf des Entführers die
Polizei informiert und erklärt, die geforderte Summe entsprechend
den Tätervorgaben bereitstellen zu können. Dies sei aber nicht
rechtzeitig gelungen. Der Witwer hatte zuvor in einem
Zeitungsinterview bestritten, darauf bestanden zu haben, das Geld
selbst bereitzustellen und nicht von der Polizei besorgen zu lassen.
Ein nicht benannter Ermittler hatte dies der Zeitung zufolge
behauptet.
Bögerl hatte bei dem Anruf der Entführer kurz mit seiner Frau
sprechen können. Sie sagte ihm, dass sie sich in Lebensgefahr
befinde. Die Entführer hatten in dem Telefonat eine unrealistisch
kurze Frist für die Geldübergabe von nur gut anderthalb Stunden
gesetzt. Demnach sollten die 300.000 Euro bereits um 13.00 Uhr
hinterlegt werden. Da Bögerl diese Vorgabe unmöglich erschien, bat
er um einen Aufschub. Das Geld wurde um 15.27 Uhr an der bestimmten
Stelle deponiert und damit etwa 30 Minuten zu spät.
Lokale Zeitungen verbreiteten indes Gerüchte, die Ehe habe als
zerrüttet gegolten. Beide Eheleute hätten Affären gehabt. Es hieß
sogar, Bögerl, der Ende September vergangenen Jahres seine Arbeit
als Vorstandsvorsitzender wieder aufnahm, sei unlängst Vater
geworden. Der 56-Jährige hatte dies entschieden als Lügen
zurückgewiesen. Die Polizei sagte am Montag auf dapd-Anfrage, gegen
den Ehemann habe kein Tatverdacht bestanden.
Bürgermeister und Sparkasse spreche Angehörigen Beileid aus
Heidenheims Oberbürgermeister Bernhard Ilg (CDU) sprach den
beiden Kindern Bögerls das Beileid der Stadt aus: „Wir stehen ratlos
und traurig vor dem Schicksal, das Thomas Bögerl und seine Familie
um ihr Glück gebracht hat.“
Die Kreissparkasse Heidenheim zeigte sich tief erschüttert vom
Tod Bögerls. Er habe in den vergangenen Monaten nicht mehr die Kraft
gehabt, sein Amt auszuüben, erklärte die Sparkasse am Abend. Auf
sein Ersuchen hin habe man sich über eine einvernehmliche Lösung
verständigt, derzufolge Bögerl in Kürze aus seinem Amt ausgeschieden
wäre. „Unser aufrichtiges Mitgefühl gilt allen voran seiner Familie,
die in den zurückliegenden Monaten schon viel Leid ertragen musste.“