Toter bei Zeppelin-Absturz beim Hessentag

Drama beim Hessentag: Beim Absturz eines Zeppelins ist am Sonntagabend der 42 Jahre alte Pilot ums Leben gekommen. Das Luftschiff war mit vier Insassen auf Werbetour.
von  dpa

Drama beim Hessentag: Beim Absturz eines Zeppelins ist am Sonntagabend der 42 Jahre alte Pilot ums Leben gekommen. Wie die Polizei in Friedberg mitteilte, war das Luftschiff mit vier Insassen auf Werbetour bei einer Festveranstaltung in Oberursel.

Friedberg - Der Pilot des am Sonntagabend auf dem
Flugplatz im mittelhessischen Reichelsheim verunglückten und in
Flammen aufgegangenen Luftschiffs ist auf grausame Weise ums Leben
gekommen. Nach einer fehlgeschlagenen Landung verbrannte er in
seinem Gefährt in rund 40 Meter Höhe. Unten auf dem Rollfeld hörten
ihn Zeugen zuletzt noch rufen.
 
„Er konnte das Luftschiff nach unserem ersten Bodenkontakt nicht
unten halte“„, berichtet der Bad Homburger Fotograf Joachim Storch,
der sich mit den zwei anderen Mitfahrern, einer Frau und einem Mann,
in letzter Sekunde aus der Gondel retten konnte.
 
 Das 36 Kilometer nördlich von Frankfurt gelegene Flugfeld bei
Reichelsheim zählt unter den sieben hessischen Verkehrslandeplätzen
zu den größeren. Um 18.00 Uhr am Sonntag waren hier Storch, zwei
TV-Leute eines Privatsenders und der – nach ersten Informationen -
52-jährige australische Pilot von der Rollbahn abgehoben. Sie flogen
von der Wetterau in den Taunus, um den Hessentag in Oberursel aus
der Luft zu fotografieren und zu filmen. “Mike war ein routinierter
Pilot„, sagt Storch. “Er ist unseren Hinweisen immer minutiös und
mühelos gefolgt.„
 
Pilot: “We had an accident!„
 
 Der Pilot steuerte ein mit zwei 80-PS-Motoren ausgerüstetes
Prallluftschiff vom Typ Lightship A60, das anders als ein Zeppelin
ohne inneres Gerüst auskommt, die Hülle steht unter Druck von nicht
brennbarem Heliumgas. Gegen 20.15 Uhr kehrten die vier von ihrem
Arbeitseinsatz zurück.
 
 Laut Ermittlungsstand von Sonntagnacht zerschellte beim Aufsetzen
auf die Rollbahn aus noch ungeklärten Gründen das kleine, einachsige
Fahrwerk unter der Gondel. Storch erinnert sich, dass der Pilot
seinen Passagieren “We had an accident!„ (“Wir hatten einen
Unfall!„) zurief und dann noch: “I crashed the airship!„
 
 Schlagartig verspürten alle Insassen eine Hitzewelle vom hinteren
Ende der Gondel, wo die Motoren sitzen. Durch ein Fenster und eine
Tür sprangen Storch und das TV-Team aus rund zwei Meter Höhe auf den
Boden und blieben unverletzt. Wahrscheinlich war es der
Gewichtsverlust, vermutet Storch, der das Luftschiff mit der nun
brennenden Gondel in die Höhe schießen ließ. Erst mehrere 100 Meter
weiter fiel das flammende Wrack auf eine Wiese des Flugplatzes. “Der
Pilot ist nicht durch den Absturz selbst ums Leben gekommen„, sagt
in der Nacht ein Polizeisprecher auf dem Rollfeld. “Er ist
verbrannt.„
 
Überlebende stundenlang befragt
 
 Am Unglückssonntag eine Stunde vor Mitternacht sitzt Fotograf
Storch mit dem Rücken an der Wand auf dem Boden eines grell
erleuchteten Zimmers in dem kleinen Reichelsheimer Flughafengebäude.
Wie die beiden anderen Überlebenden auch ist er in eine blaue Decke
gehüllt, noch tut ihm das Reden gut. Die Befragung durch Kripobeamte
wird nach der Pause weitergehen, eine evangelische
Notfallseelsorgerin und ihr katholischer Kollege können Beistand
leisten. “Sprechen ist erst mal wichtig„, sagt die Pfarrerin. “Aber
wenn die Vernehmung beendet ist, wird er wohl eher schweigen
wollen.„
 
 Um Mitternacht steht Storch den Beamten, darunter auch ein
Experte der Braunschweiger Bundesstelle für Flugunfalluntersuchung,
noch immer Rede und Antwort. Zur gleichen Zeit heben Feuerwehrleute
weit draußen auf dem Flugplatz die Überreste des Piloten von der
feuchten Wiese in einen Sarg. Noch haben die Beteiligten kein
endgültiges Bild vom Ablauf des Unglücks. Dass sich landende
Prallluftschiffe bei plötzlichem Gewichtsverlust oft nicht mehr am
Boden halten können, ist hier in Reichelsheim den Experten bekannt.
Pilot Mike hatte größte Flugerfahrung und zögerte keine Sekunde,
seine Passagiere zum Sprung in die Tiefe zu veranlassen.

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