«Tibetische Freiheitsfackel» in San Francisco

Tibet-Unterstützer haben stundenlang eine alternative Fackel durch die Straßen von San Francisco getragen. Bei einer Kundgebung appellierten ein Hollywoodstar und ein Friedensnobelpreisträger an die Weltöffentlichkeit.
Tausende Menschen haben einen Tag vor dem olympischen Fackellauf in San Francisco friedlich aber lautstark gegen die Tibet-Politik Chinas protestiert. Bei einer Kundgebung in der amerikanischen Westküstenstadt am Dienstagabend rief der südafrikanische Friedensnobelpreisträger Desmond Tutu zum Boykott der Olympia-Eröffnungsfeier auf.
Er appellierte an die Staatschefs in aller Welt, der Zeremonie in Peking aus Solidarität mit dem tibetischen Volk fernzubleiben. Er hoffe auf friedliche Proteste beim Fackellauf am Mittwoch, sagte der Erzbischof. Hollywoodstar Richard Gere, Buddhist und ein Freund des Dalai Lama, trat in Begleitung von tibetischen Mönchen vor die Menge. Gere las Auszüge aus einem Brief des Dalai Lama vor, in dem das religiöse Oberhaupt der Tibeter auf die Notwendigkeit gewaltloser Aktionen verweist. Tibet-Unterstützter hatten zuvor symbolisch eine «Tibetische Freiheitsfackel» entzündet und sie mehrere Stunden durch die Stadt getragen. Die Märsche und Kundgebungen am Dienstag verliefen friedlich.
Massendemonstrationen erwartet
Nach den Ausschreitungen in London und Paris rüstete sich die Stadt für Massendemonstrationen. Zehntausende Demonstranten und Zuschauer wurden an der einzigen US-Station des Fackellaufs erwartet. An der zehn Kilometer langen Strecke entlang der Hafenpromenade stellte die Polizei Absperrungen auf. Die Route könnte kurzfristig verändert und der Lauf vorzeitig abgebrochen werden, stellte Bürgermeister Gavin Newsom am Dienstag in Aussicht. Die Sicherheitsvorkehrungen seien deutlich verschärft worden. Ein 14-jähriges Mädchen, das zu den 80 ausgewählten Fackelträgern zählte, sei aus Angst vor möglichen Ausschreitungen abgesprungen, berichtete der lokale Fernsehsender «Channel 4».
Dutzende Polizisten schirmten am Dienstag das chinesische Konsulat in San Francisco ab, vor dem sich Hunderte Demonstranten, darunter viele Exil-Tibeter, bei einem Marsch durch die Stadt versammelt hatten. Die Stadt wollte für Mittwoch mehrere tausend Sicherheitskräfte mobilisieren. Der Stadtverordnete Chris Daly, lud die Einwohner von San Francisco dazu ein, die Fackel «gewaltlos, aber doch auf höchst kämpferische Weise» zu begrüßen.
Die Mitglieder des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) sprachen sich unterdessen in Peking ungeachtet der Proteste entschieden gegen einen vorzeitigen Abbruch des Fackellaufs aus.
Proteste auch in Buenos Aires erwartet
Auch Buenos Aires rüstet sich für den Fackellauf und die damit verbundenen Proteste. Mindestens 1200 Polizisten sollen zusammen mit 3000 zivilen Helfern dafür sorgen, dass am Freitag die etwa 80 Läufer mit dem olympischen Feuer, darunter voraussichtlich auch der frühere Fußballstar Diego Maradona, die insgesamt 13 Kilometer lange Strecke durch die lateinamerikanische Millionenmetropole ohne Störungen überstehen. «Wir gehen davon aus, dass die Fackel kommt», sagte Bürgermeister Mauricio Macri am Dienstag angesichts von Gerüchten, der Lauf könne abgebrochen werden. Schon bei der Präsentation gab es jedoch Störungen durch Gegner der Politik Pekings in Tibet.
Buenos Aires ist die siebte von weltweit 21 geplanten Stationen des Fackellaufes. Nie zuvor war das olympische Feuer am Rio de la Plata, und die Hauptstadt des Tango ist zugleich der einzige Ort in der spanischsprachigen Welt, durch die der Fackellauf gehen soll. «Es wird alles gut organisiert, und wir sind überzeugt, dass dies ein Grund der Freude und des Stolzes sein wird», sagte Macri. Zugleich rief er dazu auf, Sport und Politik nicht zu vermischen. «Wir sind für die Menschenrechte hier, in China und in Paris, aber ein Akt des Friedens darf nicht mit einem politischen Vorgang verwechselt werden», betonte der konservative Politiker. (dpa)