Telefon-Domina: Sie betet vor dem Telefon-Sex

Früher arbeitete Marlene S. (47) als Arzthelferin – heute verdient sie ihr Geld mit erotischen Gesprächen als Domina. Die AZ hat sie besucht.
Theresa Breuer |
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So nicht! Eine Domina im Latex-Anzug mit Gerte (Symbolfoto) – die Sextelefonistin aus Traunstein trägt dem Kunden zuliebe auch mal Strickjacke.
fotolia/Knut Wiarda So nicht! Eine Domina im Latex-Anzug mit Gerte (Symbolfoto) – die Sextelefonistin aus Traunstein trägt dem Kunden zuliebe auch mal Strickjacke.

Früher arbeitete Marlene S. (47) als Arzthelferin – heute verdient sie ihr Geld mit erotischen Gesprächen. Bei ihr daheim rufen Männer an, die ein Gespräch mit einer Domina brauchen. Die AZ hat sie besucht.

Du willst mein Lustsklave sein, dann ruf mich an.“ Der Ton ist bestimmend, doch die Stimme zart, mit bayerischer Färbung. Marlene S.* (47) hat den Satz auf das Auswahlmenü einer Telefonsexhotline gesprochen, um Männer zu locken. Seit fünf Jahren arbeitet sie als Telefon-Domina. Zweimal täglich wählt sich Marlene in die Hotline ein. Einmal morgens, einmal abends, am Wochenende um Mitternacht.

Bilder: Ein Rundgang durch Münchens Sperrbezirk:

Manchmal rufen in der Zeit zehn Männer an, manchmal keiner. Mal ist sie die „heiße Oma“, mal „die junge Wilde“. In der Fantasie des Anrufers spielt die Realität keine Rolle. Tatsächlich ist Marlene eine füllige Frau mit blonden Haaren und rosigen Wangen. Sie trägt schwarze Hosen und ein lila Oberteil. „Aber wenn der Kunde mich fragt, ob ich mein graues Strickjäckchen trage, dann trage ich natürlich ein graues Strickjäckchen.“

Kaffeesahne statt Latex - wie in "Eine ganz heiße Nummer"

Marlene schmunzelt. Manchmal wundert sie sich schon, dass Männer denken, sie würde nachts um drei in Lack und Leder auf dem Sofa liegen. In ihrer Wohnung deutet nichts darauf hin, dass sie von hier aus Männer verbal auspeitscht. Im Wohnzimmer stehen altrosa Sessel, auf dem steinernen Couchtisch eine Kaffeekanne, daneben Plastikdöschen mit Kaffeesahne. Der Blick geht hinaus auf die Berge um Traunstein. Ein ähnliches Panorama wie in dem Film „Eine ganz heiße Nummer“, der schon fast eine Million Zuschauer in die Kinos gelockt hat.

Drei Frauen aus Bayern wollen in dem Streifen mit Telefonsex ihren Lebensmittelladen vor der Pleite retten. Sie stöhnen am Telefon, während sie Wäsche waschen oder Waren sortieren. „Mit meiner Arbeit hat das nichts zu tun“, sagt Marlene kopfschüttelnd. „Männer sind nicht blöd, die würden es sofort merken, wenn jemand nebenbei bügelt.“ Sie brauche Stille, wenn sie arbeitet. „Ich muss innerhalb von ein paar Sekunden merken, was der Mann für Bedürfnisse hat, sonst legt er wieder auf.“

Sadistische Neigungen am Telefon

Das erfordere Konzentration. Früher arbeitete Marlene als Arzthelferin. Doch Mitte der 90er Jahre bekam sie plötzlich Panikattacken, Angstzustände begleiten seither ihr Leben. Eine langjährige Beziehung zerbrach 1999, seitdem wohnt sie wieder im Haus ihrer Eltern. 2007 bewarb sie sich bei der Telefonsex-Agentur Kuhlert. 15 Frauen sind sie dort. Bis zu 1,99 Euro zahlt ein Anrufer pro Minute, die er mit Marlene spricht. Was sie verdient, verrät sie nicht. Nur soviel: „Reich werden kann man davon nicht.“

Aber Marlene arbeitet nicht des Geldes wegen. Sie liebt ihren Job, hat sich bewusst dafür entschieden. Es macht sie stolz, wenn ein Kunde befriedigt auflegt. Ebenso schmerzt es sie, wenn ein Mann mit ihren Leistungen unzufrieden ist. Ihr Talent als Domina hat sie erst mit der Zeit entdeckt. In ihren Beziehungen hatte sie nie sadistische Neigungen. Am Telefon sei das anders. „Häschen, Mäuschen, Baby – das liegt mir einfach nicht“, sagt sie.

Im idyllischen Traunstein, wo die guten Katholiken jeden Sonntag in die Kirche gehen, denken die Leute, Marlene arbeite bei der Telefonseelsorge. „Ein bisschen ist das ja auch so.“ Sie lächelt wieder. Marlene geht nicht in die Kirche. Gläubig ist sie trotzdem. Bevor sie sich in die Hotline einwählt, betet sie. „Lieber Gott, danke für meine Kunden vom letzten Mal, bitte schicke mir auch heute gute Kunden, mit denen ich lange und gute Gespräche führen kann.“

*Name geändert

 

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