Teenies strömen in Traditionsvereine

Es muss nicht immer Pop und Disco sein: Bayerns Nachwuchs ist im Trachtenrausch. Viele Jugendliche strömen auf Dorf-, Wald- und Seefeste und treten in Trachtenvereine ein. Die freuen sich über den Zuwachs.
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Veronika Neumüller (mitte) und ihre Freundinnen freuen sich auf jedes Trachtenvereins-Treffen.
AZ 2 Veronika Neumüller (mitte) und ihre Freundinnen freuen sich auf jedes Trachtenvereins-Treffen.
Bianca Gammel (mittlere Reihe, ganz links) spielt Querflöte in der „Blaskapelle Feldmoching“.
Blaskapelle Feldmoching 2 Bianca Gammel (mittlere Reihe, ganz links) spielt Querflöte in der „Blaskapelle Feldmoching“.

Es muss nicht immer Pop und Disco sein: Bayerns Nachwuchs ist im Trachtenrausch. Viele Jugendliche strömen auf Dorf-, Wald- und Seefeste und treten in Trachtenvereine ein. Die Freude sich über den Zuwachs.

Freitags Techno, samstags Tracht. Elektro Beat meets Blasmusik – für Veronika Neumüller ein ganz normales Wochenendprogramm. Die 17-Jährige liebt Discobesuche. Doch wenn die Kapelle ihres Trachtenvereins die ersten Akkorde spielt, fühlt sie „eine schöne, große Freude“. Das Mädchen ist seit seiner Kindheit Mitglied des Gebirgstracht-Erhaltungs-Verein „D' Griabinga“ Hohenaschau, dem ältesten Trachtenverein im Chiemgau-Alpenverband.

„Vor ein paar Jahren wurde ich von manchen noch als weltfremde Eigenbrötlerin beschimpft“, sagt sie. Mittlerweile ist’s anders: „Die Hemmschwelle ist gesunken. Die Kids sehen auf Trachtenfesten, dass Tradition wieder in ist.“ Das Ergebnis: Viele Jugendliche besorgen sich schon jetzt – 67 Tage vor der Wiesn – Dirndl und Krachlederne. Sie strömen auf Dorf-, Wald- und Seefeste und treten in Trachtenvereine ein.

Jede Ortschaft hat circa 60 Mädchen und Buben in der Kindergruppe

Es ist ein Trend, den auch die 850 Vereine in Bayern spüren. Otto Dufter (74), 1. Vorsitzender des Bayerischen Trachtenverbands: „Wir haben 230000 Mitglieder. Darunter sind 60000 Jugendliche unter 18 Jahre und etwa 70000 zwischen 18 und 35.“ Zehn Prozent von ihnen seien in den letzten ein bis zwei Jahren eingetreten.

Dufter: „Von Berchtesgaden bis zum Allgäu hat jede Ortschaft circa 60 Mädchen und Buben in der Kindergruppe.“ Ihnen gefällt, so glaubt er, „das Traditionelle. Sie ziehen es den Luftschlössern, die ihnen die Welt draußen vermittelt, vor.“ Vereinsarbeit verbinde sie und schaffe reale Freundschaften. Das haben auch Veronikas Freunde gemerkt. „Manche, die vorher kein Mitglieder waren, sind nun auch dabei“, sagt sie.

Ein bis drei Mal pro Woche treffen sie sich, üben Volkstänze, singen und veranstalten Feste. „Es ist ein schönes Gefühl, wenn man weiß, dass man was gemeinsam auf die Beine gestellt hat.“ Zudem nehmen sie an Wettbewerben wie „Dirndldrahn“ teil. Dazu tanzen sie Walzer während Preisrichter auf die Schritte achten und ob sich die Röcke gleichmäßig drehen. „Dadurch kommen wir viel im Landkreis rum. Das ist cool.“

Immer mehr Veranstaltungen, immer mehr Publikum - vor allem junges

Es sind Ausflüge, die auch Bianca Gammel, seit sechs Jahren Flötistin der „Blaskapelle Feldmoching“, gefallen. Zuletzt spielte die 38-Jährige auf dem Waldfest am Nockherberg. „Es werden plötzlich immer mehr Veranstaltungen“, bemerkt sie, „und das Publikum wird immer größer und jünger.“ Auch die Neuzugänge der Kapelle sind gestiegen. „Wir verjüngen uns und die 38 aktiven Mitglieder kommen nicht nur aus Bayern.“ Der Dirigent stammt ursprünglich aus Paderborn, andere aus dem Saarland und aus England.

Warum trifft sich Bianca mindestens einmal pro Woche mit ihrer Kapelle? „Ich liebe es Bayerische Musik zu machen“, sagt sie, „und es ist fast wie eine zweite Familie.“ Zudem mag sie Tracht. „Es gibt keine Frau, die im Dirndl nicht gut ausschaut – egal wie dick, dünn, krumm oder lang sie ist.“ Außerdem seien Männer in Lederhosen „irre sexy“.

Die 850 Trachtenvereine tragen alle unterschiedliche Gewänder

Auch Veronika trägt gern „ihr Gewand“: „Es macht ein schönes Bild und ich muss nicht lang überlegen, was ich anziehen soll.“ Keiner könne über das Outfit des anderen lästern. Außerdem finde sie auf Festen immer gleich ihre Gruppe. Die 850 Trachtenvereine haben alle unterschiedliche Gewänder, die sich intern nochmal voneinander abheben. In Dufters Heimatverein „Achental Unterwössen“ tragen ledige Damen beispielsweise eine „aktive Tracht“ mit Mieder, Schultertuch, einem weiten Rock und einem Dreher-Hut. Das „Röcklgwand“ für Verheiratete ist geschlossener, hat Goldstickereien und wird mit einem Quastenhut kombiniert.

Haben Sie Lust auf Volksmusi bekommen, liebe Leser? Am 13. Juli spuits in Steinebach am Wörthsee. Als Höhepunkt der 56. Huosigau-Heimattage gibt’s ab 19.30 Uhr den großen Musikanten-Wettstreit.

Dorina Herbst

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