Tatortreiniger: Sie putzen die Orte des Verbrechens
Der berühmteste Tatortreiniger Deutschlands ist wohl Bjarne Mädel in seiner Paraderolle. Aber ist der Job wirklich wie im TV? Dirk Plähn aus der Nähe von Hamburg erzählt aus einem Alltag.
Hamburg - Getrocknetes Blut fühlt sich an wie das Watt in der Nordsee – eine dicke, schmierige Matschepampe", sagt Dirk Plähn sehr nüchtern. Er muss so abgebrüht sein, er ist Tatortreiniger.
Der 51-Jährige sieht "alles, was böse ist: Blut, Urin, Kot, Mord, Totschlag, Einsamkeit", berichtet er in seiner – wie soll es anders sein – klinisch sauberen Küche.
Tatortreiniger putzen auch Messiewohnungen
Zum Großteil reinigt Plähn Orte, an denen zuvor Menschen gestorben sind, aber auch Messiewohnungen oder Fäkaliennotfälle gehören zu seinen Aufgaben. Mit der TV-Paraderolle von Schauspieler Bjarne Mädel hat die Realität des Tatortreinigers Dirk Plähn aus Walksfelde östlich von Hamburg nur wenig zu tun.
Plähn ist vor allem in Hamburg und Schleswig-Holstein im Einsatz, der normalerweise knapp zehn Stunden dauert. Wenn man in einem Schutzanzug mit Atemfilter arbeite, müsse man das mit dem Faktor vier nehmen, meint er. Nach einer Zehn-Stunden-Schicht habe er eigentlich 40 Stunden Arbeit auf dem Buckel. Er rückt etwa zweimal die Woche aus.

Jeder kann sich theoretisch Tatortreiniger nennen
Tatortreiniger müssen fit sein, nicht nur physisch, ganz besonders psychisch. "Ich versuche, möglichst wenig Informationen zu bekommen, und selbst wenn, geht das in das eine Ohr rein und zum anderen wieder raus", sagt er. "Denn ich möchte auf keinen Fall ein Bild der Person haben, deren Blut ich gerade wegwische."
Tatortreiniger ist kein Ausbildungsberuf oder geschützter Begriff, jeder kann sich so nennen. "Das ist in unseren Augen ein Problem", sagt Christopher Lück vom Bundesinnungsverband des Gebäudereiniger-Handwerks. Der Beruf sei menschlich und inhaltlich sehr sensibel. Tatortreiniger, die wirklich Qualität abliefern, gebe es bundesweit nur "ein paar Dutzend". Daher sei es wichtig, dass man Zugangsvoraussetzungen dafür schaffe, fordert Lück.

Beruf ist menschlich und inhaltlich sehr sensibel
Plähn beschäftigt sich den ganzen Tag mit all dem, womit Menschen normalerweise nichts zu tun haben wollen. Für ihn ist der Beruf dennoch befriedigend. Zum einen sei da das Vorher-Nachher-Erlebnis, wenn also das ehemals blutbesudelte Badezimmer wieder glänze. Zum anderen ist es die Dankbarkeit der Angehörigen. Dankbar, dass der Tatortreiniger ihnen die letzten Gerüche, die letzten Sinneswahrnehmungen und Bilder erspart.
Es geht aber auch anders: "Bei manchen Situationen frage ich mich, ob das hier versteckte Kamera ist." So wie bei der Frau, deren Vater sich erschossen hatte, und die während der Reinigung zusah und ihm zeigte, an welchen Stellen noch Gehirn klebte.
Plähn versucht immer, niemanden zu verurteilen und sich ganz auf die Kunden einzustellen. Die einen wollen Scherze machen, um mit der Trauer fertig zu werden, die anderen wollen schweigen – Plähn kann beides. Nur verabschieden fällt ihm schwer. "Ich sag immer nur ‚tschüss’ und nie ‚Auf Wiedersehen’, weil die meisten Menschen mich nicht wiedersehen wollen."
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