Sündenpfuhl Vatikan?
Macht Benedikt einem jungen starken Papst Platz, der im Kirchenstaat mit eisernem Besen kehren soll?
Rom Der Vatikan unterwandert von einem Schwulen-Netzwerk? Sex in Diensträumen und einer eigens dafür vorgesehenen Villa in oder außerhalb Roms? Ränke, Seilschaften, Machtpoker, Bestechung und Erpressung? Die Berichte in italienische Medien lassen die katholische Kirche in einem bizarren, in einem unwürdigen Licht erscheinen. Es könnte sein, dass Benedikt XVI. sich mit seinen 85 Jahren nicht mehr in der Lage gesehen hat, Ordnung im Weinberg des Herrn zu halten. Gibt er deshalb sein Pontifikat ab an einen Nachfolger, der dafür „stark, jung und heilig genug“ ist? So steht es in der römischen Zeitung „La Repubblica“.
Und hatte Benedikt nicht kundgetan, er habe keine Kraft mehr? Die Spekulationen schießen ins Kraut – sie gründen sich auf einen angeblich 300 Seiten starken Geheimbericht dreier Kardinäle anlässlich der Vatileaks-Affäre. Auch die konservative Wochenzeitschrift „Panorama“ berichtet, das „Netzwerk homosexueller Freundschaften und Erpressungen“ in der Kurie sei für Benedikt ein Schock gewesen. Das Dementi des Vatikans fiel bemerkenswert defensiv und vorsichtig aus: Vatikan-Sprecher Federico Lombardi sagte, man werde nicht „hinter all diesen Rückschlüssen, Fantasien und Meinungen herlaufen, die es zu dieser Sache gibt“.
Dass es den 300-Seiten-Bericht gibt, wurde weder bestätigt noch bestritten. Den Stein ins Rollen gebracht hat offenbar der Vatileaks-Skandal um Benedikts indiskreten und wegen Diebstahls verurteilten Kammerdiener Paolo Gabriele. Der Vorfall könnte der Anlass für die drei Kardinäle gewesen sein, tiefer in den Geheimnissen des Vatikanstaats zu graben. Wann die Wahl des neuen Papsts beginnt, könnte noch einige Zeit offen bleiben, da das Kardinalskollegium erst nach dem Rücktritt Benedikts entscheiden kann. Doch wird sich die Kirche angesichts der Zustände keine lange sogenannte Sedisvakanz leisten.
Nach Ansicht des Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz Robert Zollitsch ist die Zeit reif für einen außereuropäischen Papst. „Ich kann mir sehr gut auch einen Papst aus einem anderen Kontinent vorstellen“, sagte der Freiburger Erzbischof. „Irgendwann kommt der Schritt auf jeden Fall, ob jetzt oder bei der nächsten Papstwahl. Und das würde der katholischen Kirche meines Erachtens nach gut tun.
Top-Kandidaten der britischen Buchmacher
Auf den Nachfolger Benedikts wird in London bereits gewettet. Die Top Ten führt derzeit ein Afrikaner an, auch ein Österreicher hat Chancen. Nach Quote weit abgeschlagen rangieren die Deutschen Walter Kasper (150/1) und Ludwig Müller (200/1). Die Quote besagt z.B. bei Turkson, dass man bei 4 Pfund Einsatz im Erfolgsfall elf Pfund erhält.
1. Peter Turkson (Ghana, 11/4)
2. Angelo Scola (Italien, 3/1)
3. Tarcisio Bertone (Italien 4/1)
4. Marc Quellet (Kanada, 6/1)
5. Angelo Bagnasco (Italien, 12/1)
6. Leonardo Sandri (Argentinien, 12/1)
7. Peter Erdo (Ungarn, 14/1)
8. Christoph Schönborn (Österreich, 16/1)
9. Oscar Rodriguez Maradiaga (Honduras, 18/1)
10. Odilo Scherer (Brasilien, 20/1
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