StudiVZ, Twitter, Facebook, Lokalisten: Wenn Chefs und Lehrer mitlesen
Passen die Impressionen vom Ballermann einmal nicht ins Anforderungsprofil, muss man nicht gleich das ganze Profil löschen: Oft gibt es innerhalb der Netzwerke genug Möglichkeiten, um sich vor neugierigen Blicken zu schützen
Lieblingsfarbe, Lieblingsessen, Lieblingstier, Lieblingslied, Familienstand, Geburtsdatum, sexuelle und politische Präferenzen – zwar regt sich die Netzgemeinde regelmäßig über staatliche Überwachung auf, liefert jedoch höchst freiwillig einen Datenfundus, von dem selbst Stasi und KGB nur träumen konnten.
Der aktuelle Skandal um die illegale Weitergabe von Informationen auf SchülerVZ ist dabei eher ein Nebenkriegsschauplatz. Denn meist sind die Privatheiten ohnehin für jedermann einsehbar, über Suchmaschinen wie Google mit einem Klick abzurufen. Kein Wunder, dass zukünftige oder aktuelle Arbeitgeber heute nicht nur auf den Lebenslauf oder die Arbeitsergebnisse schauen, sondern Bewerber oder Angestellte zuerst einmal online durchleuchten, mit deren Einträgen, Äußerungen und Fotos in den „sozialen Netzwerken“ ein komplettes Psychogramm erstellen können.
Gut möglich, dass die Impressionen vom Ballermann da nicht ganz ins Anforderungsprofil passen. Und jemand, der im WWW über den Chef lästert, befördert sich sowieso schnell ins Karriere-Aus. Datenschützer schlagen daher immer wieder vor, die eigenen Profile zu löschen oder gar keine privaten Daten preiszugeben. Eine unrealistische Forderung, sind Communities wie Facebook und Twitter doch inzwischen zu einer Art virtueller Heimat für viele Menschen geworden, machen Spaß und ermöglichen soziale und berufliche Kontakte.
Die gute Nachricht: Oft gibt es innerhalb der Netzwerke Möglichkeiten, um sich vor neugierigen Blicken zu schützen – die sind aber oft nicht einmal eingefleischten Benutzern bekannt. Die AZ erklärt anhand von acht populären Anbietern, wie’s funktioniert:
Auch 140 Zeichen können verheerend sein – vor allem, wenn sie noch Monate später zusammenhanglos auf Google herumgeistern, wie es beim boomenden Mikroblogging-Dienst Twitter der Fall ist. Gerade weil man seine Aussagen extrem verkürzen muss, sind Missverständnisse oft vorprogrammiert. Viele Mitglieder entscheiden sich deshalb für einen fiktiven Benutzernamen. Wer dagegen nicht als „Schneewittchen53“ schreiben will, sondern lieber unter Klarnamen inklusive realem Foto, könnte im Menüpunkt „Settings“ sein Profil auf „privat“ schalten. Das bedeutet, dass Außenstehende zwar noch die „Kurz-Biografie“ lesen können, die Nachrichten aber nicht – außer sie sind vom Profilbesitzer ausdrücklich dazu autorisiert worden. Der Nachteil ist dabei natürlich immer, dass auch wohlgesonnene Neugierige abgeschreckt werden.
Die Community Facebook bietet weniger Einblick als Twitter, verwehrt Unautorisierten von sich aus viele Informationen. Trotzdem tauchen gerade die (meist privaten) Fotos bei „Google“ im Bereich „Bilder“ auf und können zum Beispiel einen Bankberater mit Zuhälter-Sonnenbrille im P1 hochgradig unseriös erscheinen lassen. Statt den vielen Spaß-Funktionen sollte man sich daher erst den „Privatsphäreeinstellungen“ widmen. Wer garantiert nicht von Chefs, intriganten Kollegen oder sonstwem gefunden werden will, schaltet bei „Such-Sichtbarkeit“ und „Profil“ auf „Nur Freunde“. Und wer dazu zählt, bestimmt man selbst.
Lokalisten
Ein erfolgreiches Portal wie Lokalisten lebt natürlich davon, dass sich auch vermeintlich Unbekannte über drei Ecken kennen(lernen). Trotzdem sollte man auch hier die „Privatsphäreeinstellungen“ in Erwägung ziehen, was ein Großteil der im Schnitt recht jungen Mitglieder oft schlicht vergisst. Dabei ist es dort wie bei Facebook möglich, zum Beispiel Profilbilder, Fotoalben, Gästebucheinträge oder das geheime „Tagebuch“ nur für selbst definierte Freunde sichtbar zu machen. Gerade für Jüngere empfehlenswert.
studiVZ
Nach etlichen Datenschutz-Pannen haben sich die Communities studiVZ und schülerVZ stark verbessert. Vorbildlich: Suchmaschinen können nicht auf Profilinformationen oder Bilder zugreifen. Jedoch behalten auch ehemalige Studenten (also künftige Chefs und Kollegen) oft ihr Profil oder richten sich einen gefälschten Account ein, um Bewerber zu überprüfen oder berufliche Konkurrenten auszuspionieren. Man ist also mitnichten „unter sich“! Ein Argument, sein Profil so einzustellen, dass nur Bekannte und Freunde zugreifen können. Wichtig: Auch immer Freundesfreunde einkalkulieren.
Wer-kennt-wen
Wer-kennt-wen ist der erfolgreichste Newcomer unter den „Sozialen Netzwerken“. Hier gehört eine gewisse Offenheit quasi zum Prinzip, geht es doch darum, neue und auch mal überraschende Bekanntschaften zu schließen, gerne über mehrere Ecken. Dennoch gibt es in der Rubrik „Einstellungen“ (dann auf „Privatsphäre“ klicken) einfache Möglichkeiten, den Zugang zum eigenen Profil zu regulieren. Über Suchmaschinen ist es generell nicht auffindbar.
Flickr
Das größte öffentliche Fotoalbum der Welt eröffnet teilweise erschütternde Einblicke ins Privatleben fremder Leute. Bei allem berechtigten Stolz auf die Perserkatze oder das eigene Aufnahmevermögen im Schottenhamel-Zelt sollte man sich drei Mal überlegen, ob man die Bilder auf Flickr wirklich für jeden sichtbar macht oder doch lieber die Privateinstellungen nutzt. Ungeschützte Fotos sind zudem problemlos über Google recherchierbar! Und es ist halt immer eine Geschmacksfrage, ob Ihr Vorgesetzter das genauso lustig findet wie Sie.
Xing, das „Social Network for Business Professionals", soll die eigene Karriere per Klick fördern. Das kann aber auch nach hinten losgehen, zum Beispiel dann, wenn der aktuelle Arbeitgeber herausfindet, dass man auf seinem Profil nach „neuen Herausforderungen“ sucht. Daher sollten sich Nutzer genau überlegen, welche Informationen sie öffentlich freigeben und welche lieber nicht. Nehmen befreundete Xing-User das weniger genau, ist es immer wieder möglich, dass sich Bruchstücke aus eigenen Einträgen zeitweise auf Google verirren. Könnte peinlich werden.
Timo Lokoschat