Stillstand auf Spaniens Flughäfen - Tausende Passagiere gestrandet
MADRID - Ein «wilder» Streik der Fluglotsen hat auch am Samstag den Flugverkehr in Spanien zum Erliegen gebracht. Der Luftraum über den Großflughäfen von Madrid, Barcelona sowie auf Mallorca und den Kanarischen Inseln war gesperrt.
Die Flughafenbehörde AENA rief Fluggäste auf, sich erst dann zu den Flughäfen zu begeben, wenn die Normalität wiederhergestellt ist. Die spanische Regierung trat in Madrid zu einer Krisensitzung zusammen. Innenminister Alfredo Pérez Rubalcaba hatte in der Nacht angekündigt, dass das Kabinett den «Alarmzustand» verhängen werde, wenn die Lage sich nicht bessere. Der Alarmzustand gibt der Regierung besondere Vollmachten. Er steht von den Auswirkungen her eine Stufe unterhalb des Ausnahmezustands und war seit der Wiedereinführung der Demokratie in Spanien vor 35 Jahren noch nie verhängt worden.
Auf dem Madrider Flughafen begannen einzelne Fluggesellschaften am Morgen damit, Passagiere abzufertigen. Die Gesellschaften wiesen die Fluggäste aber darauf hin, dass nicht sichergestellt sei, dass die Flugzeuge auch wirklich starten würden. Inoffiziell verlautete, dass die Sperre des Luftraums über Madrid bis zum Abend verlängert werden sollte. Auf dem Flughafen Madrid-Barajas kamen in der Nacht nur einige Transatlantikflüge an. Ein Teil der Maschinen aus Nord- und Südamerika wurde nach Sevilla in Südspanien und nach Portugal umgeleitet.
Tausende von Passagieren hatten die Nacht in den Wartehallen der Flughäfen in Madrid, Barcelona und auf Mallorca verbracht. Ein Teil der streikenden Fluglotsen kehrte nach Angaben des staatlichen Rundfunks RNE am Samstagmorgen in die Kontrolltürme zurück, nahm die Arbeit aber nicht wieder auf. Iberia und andere Fluggesellschaften strichen alle für Samstag alle vorgesehenen Spanien-Flüge. Sie forderten die Regierung auf, mit harter Hand gegen die streikenden Lotsen vorzugehen.
Madrid hatte den Flugverkehr in der Nacht dem Kommando des Militärs unterstellt. Die Regierung drohte den streikenden Fluglotsen mit Anklagen wegen Befehlsverweigerung, wenn sie den Dienst nicht wieder aufnehmen würden. Die Flughafenbehörde AENA erklärte, sie sei zu Verhandlungen mit den Fluglotsen erst dann bereit, wenn auf den spanischen Flughäfen wieder Normalität herrscht.
Die Lotsen hatten am Freitagnachmittag ohne vorherige Ankündigung die Arbeit niedergelegt und erklärt, sie seien nicht in der Lage, den Dienst zu verrichten. Sie reagierten damit auf einen Beschluss der Regierung, die eine neue Regelung für die Dienstzeiten der Fluglotsen eingeführt hatten. Madrid will außerdem die Großflughäfen in Madrid und Barcelona einem privaten Management unterstellen. Die spanischen Fluglotsen stehen seit Monaten mit dem Verkehrsministerium und der Flughafenbehörde in einem Tarifkonflikt.
Am Freitag und in der Nacht zum Samstag fielen etwa 2000 Flüge aus. Mindestens 330 000 Reisende waren nach Angaben von AENA betroffen. Das Militär übernahm das Kommando über die Kontrolltürme der Flughäfen in Madrid, Barcelona, Sevilla und den Kanarischen Inseln. Damit sollten die zivilen Fluglotsen gezwungen werden, die Arbeit wieder aufzunehmen: Wer sich weigerte, konnte nach militärischem Recht wegen Aufruhrs angeklagt werden. Darauf stehen mehrjährigen Haftstrafen.
Die Staatsanwaltschaft leitete Ermittlungen ein. Die Polizei nahm die Personalien von streikenden Lotsen auf, die sich in einem Madrider Hotel versammelt hatten. Die Lotsengewerkschaft USCA rief ihre Mitglieder am Samstag auf, die Arbeit wieder aufzunehmen.
Auf dem Flughafen von Mallorca hatten in der Nacht Tausende von festsitzenden Reisenden gegen das Chaos protestiert. In den Terminals fast aller Airports bildeten sich vor den Schaltern lange Schlangen wütender Passagiere. «Sie sollten alle Fluglotsen entlassen», schrie eine aufgebrachte Frau im Flughafen von Madrid.
Das Chaos wurde dadurch vergrößert, dass Tausende von Spaniern in ein langes Wochenende aufbrechen wollten. Am kommenden Montag ist ein Nationalfeiertag in Spanien. Auch der Mittwoch ist für die meisten Spanier arbeitsfrei. (dpa)
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