Stanley Cup: Was es mit dem Tiktok-Hype um einen Thermobecher auf sich hat

New York - Ein Thermobecher als das Accessoire der Gen Z schlechthin? Man mag es kaum glauben, aber andererseits: Nach dem Tiktok-Hype in den USA um die bayerische Brotzeit als "Girl Dinner" ist vieles denkbar. Es ist freilich nicht irgendeine Thermosflasche, sondern: der Stanley Cup mit integriertem Strohhalm.
Es gibt ihn in verschiedenen Farben und Mustern, sodass er zum jeweiligen Outfit kombiniert werden kann – wer das möchte. Was ihn auch noch besonders interessant machen dürfte: Er ist schwer zu bekommen.
Wegen Hype um Stanley Cup: Tumultartige Szenen
Die "New York Times" berichtete kürzlich, dass es aufgrund einer limitierten Variante zum Valentinstag zu tumultartigen Szenen kam und Menschen sogar vor den Läden campierten, um einen solchen Becher zu ergattern. Die Zeitung schrieb sarkastisch: "Wenn Sie das nächste Mal zu Target (Name des Ladens; d. R.) gehen, müssen Sie möglicherweise einen Helm tragen."
Auch ein millionenfach geklicktes Tiktok-Video heizte Ende 2023 den Trend weiter an. Darin war zu sehen, dass in einem ausgebrannten Auto nicht mehr viel Brauchbares übrig geblieben war, außer: der Stanley Cup in der Mittelkonsole. Und in diesem schwammen noch Eiswürfel. Das Video ging viral. Der Hersteller schenkte der Kundin daraufhin nicht nur mehrere neue Becher, sondern auch ein Auto. So kommt man freilich ins Gespräch.
Auch in Bayern kennt man das Phänomen aus den USA schon. Bei Kleinanzeigen schrieb eine Mutter aus München vor wenigen Tagen zum Beispiel: "Hi, neuer Stanley Cup abzugeben, konnte endlich einen ergattern, nun ist er meiner Tochter doch zu groß…".
Das Stanley-Cup-Unternehmen wurde 1913 gegründet
Den Hersteller gibt es bereits seit 1913. Dahinter steckte der Erfinder William Stanley Jr., der eine "unzerbrechliche Trinkflasche" entwickelte – den Namen aber bitte nicht mit der Eishockey-Trophäe verwechseln.

Die Hauptabnehmer seien damals Arbeiter gewesen, heißt es auf der Firmen-Seite. Nun, im Tiktok-Zeitalter, ist es das Modell Stanley Quencher, das die jungen Herzen höher schlagen lässt – auch wenn so mancher Kritiker moniert, dass das Gefäß durch den Strohhalm nicht völlig dicht sei. 1,2 Liter passen rein, das Versprechen des Herstellers: Die Flasche soll das Getränk sieben Stunden heiß und elf Stunden kalt halten können. Ein Lifestyle-Produkt, das ab rund 50 Euro kostet (also falls man einen erwischt, auf der Stanley-Seite ist er derzeit aus).
Die AZ hat Trendforscherin Nina Kolleck von der Uni Potsdam gefragt, warum so etwas Alltägliches wie eine Trinkflasche auf Tiktok zum Trend wird. Sie nennt erst einmal die Reichweite der Plattform: "Über Tiktok lassen sich Trends in rasanter Schnelle weltweit verbreiten. Dazu zählt auch die Thermoflasche Stanley Cup."
Sie nennt das Mikrotrends. Diese hätten so viel Erfolg, "weil sie Personen ansprechen, die sich einer Nische zugehörig fühlen und dann durch den Erwerb von bestimmten zu erwerbenden Produkten diese Nische bedienen können".
Ein Gefühl von Sicherheit und Zugehörigkeit
Die Professorin für Erziehungs- und Sozialisationstheorie sieht solche Trends auch im Zusammenhang mit Bedürfnissen in der digitalen Welt: Sie sagt, "dass es vielen Menschen im digitalen Zeitalter an Gefühlen der Zugehörigkeit und Sicherheit fehlt – die für die Persönlichkeitsentwicklung entscheidend sind". Mikrotrends bedienten diesen Mangel und böten Konsumgüter an, die "ein vermeintliches Gefühl von Zugehörigkeit und Relevanz, Wichtigkeit im Leben füllen können".
Wann sind Tiktok-Trends besonders erfolgreich? "Wenn sie ein bestimmtes Lebensgefühl vermitteln, das den Nutzerinnen und Nutzern das Gefühl gibt, akzeptiert und toleriert zu sein. Sie erhalten das Gefühl, in ihrer Suche nach Identität nicht allein zu sein." Weitere Zutaten für einen erfolgreichen Tiktok- Trend seien etwa Originalität, Kreativität und Unterhaltungswert. Die Hashtags – bei Stanley Cup sind das mitunter #stayhydrated oder #watertok als Erinnerung daran, jeden Tag ausreichend zu trinken – und die ausgelösten Emotionen etwa durch Musik müssten einprägsam sein. Entscheidend sei auch, dass sich die Nutzer die Videos möglichst lange ansähen: Je länger sie dies tun, desto mehr sehen sie vom Trend. Und weiter geht's damit.
Auch Stars zeigen sich mit dem Becher – zum Beispiel Adele
Allerdings kann es auch schnell wieder vorbei sein. Laut Kolleck variiere die Lebensdauer der Trends stark. Es komme zum Beispiel darauf an, ob immer wieder neue Produkte oder Varianten auf den Markt kämen.

"Ein Trend kann innerhalb weniger Tage oder Wochen an Popularität gewinnen und dann wieder abflauen, wenn die Nutzer ihr Interesse verlieren oder sich auf neue Trends konzentrieren. Manche können jedoch länger anhalten, insbesondere wenn sie von Influencern oder Prominenten unterstützt werden oder eine breite gesellschaftliche Relevanz haben." So wie der Stanley Cup, aus dem zum Beispiel auch Sängerin Adele schlürft.