So sexy ist Weihnachten

Sündige Santa-Kleidchen, Körperöle mit Marzipanduft und 27 Zentimeter lange Penis-Backformen: Wie Erotikhändler im Advent Kasse machen - vor allem im Internet
Jauchzet und frohlocket, Süßer die Glocken nie klingen, Kommet Ihr Hirten... Keine Frage: Mit ein wenig pubertärer Kühnheit lassen sich die gängigen Weihnachtslieder auch anders interpretieren, sexuell nämlich – und ganz im Sinne jener Werbestrategen, die das Fest der Liebe zum Fest der Lust umdichten wollen. Und das höchst erfolgreich. Auch dieses Jahr erzielt die Erotikbranche Rekordumsätze mit ihren erfinderischen „Weihnachtsspecials“ – vor allem im Internet.
Wer zum Beispiel auf die Seite des Marktführers Beate Uhse surft, wird von einer schmollmundigen Blondine im knappen Santa-Kleidchen (35 Euro) begrüßt. „Kreuzen Sie die Beine beim Weihnachtsdinner, damit diese unter dem herrlich eleganten Schlitz noch besser zur Geltung kommen“, formuliert eine Art Bedienungsanleitung, und erinnert: „Weihnachten ist nur einmal im Jahr!“
"Santa's Assistentin" trägt ein hautenges Top und Mini
Ein „Topseller“ ist hier das Outfit „Santa’s Assistentin“. „Sie hilft dem Weihnachtsmann bei der internen Arbeitseinteilung, ganz besonders bei der Logistik“, heißt es in einer sehr emanzipatorisch wirkenden „Berufsbeschreibung“. Die Realität sieht dann doch etwas patriarchalischer aus: Die Assistentin trägt ein hautenges, weißes Top und einen roten Mini – rund 30 Euro kostet die einschlägige Arbeitskleidung.
Doch auch an die Männer wird gedacht: „Überraschen Sie Ihren Weihnachts-Besuch mit dieser herrlichen Weihnachts-Tunika“, schlagen die Händler vor, offenbar ohne sich Gedanken über mögliche Enterbungen durch die perplexe Großtante zu machen. 9,99 Euro kostet das leicht alberne Teil aus rotem Velour, das von einem dreitagebarttragenden Model präsentiert wird – mit dem etwas rätselhaften Zusatz: „Sorgen Sie für sphärische Stimmung an den Festtagen.“
Weil Männer bekanntlich gerne Küchenutensilien verschenken, hat Orion eine „Penis-Backform“ aus anthrazitfarbenen Karbonstahl im Sortiment. Die ist allerdings nicht für Käufer mit Selbstzweifeln geeignet, hat doch offenbar ein gut bestückter Pornostar Pate gestanden. 27 Zentimeter lang und 13 Zentimeter breit ist das Riesending, das „auch als Pudding- oder Eisform“ zu verwenden sei.
Schoko-Busen zum Vernaschen
Praktischer portioniert ist da schon der Inhalt eines „erotischen Adventskalenders“, hinter dessen Türchen sich „Schoko-Busen, -Penisse und -Popos“ verbergen. Für Kalorienbewusste empfiehlt sich wohl eher das Produkt „Lick-it X-mas Marzipan“. Kostprobe: „Schon beim Auftragen entfaltet sich der weihnachtliche Duft und macht richtig Appetit auf IHN. Und wenn’s dann zur Sache geht, schmecken Sie den köstlichen Marzipan-Geschmack. Tests ergaben: Sogar eher zögerliche Frauen nehmen IHN in den Mund!“ 100 Milliliter der Flüssigkeit gibt’s für 13,80 Euro. Idealerweise sollten die Frauen vorher gut gegessen haben – nicht, dass der Appetit sie übermannt.
Selbst Körperöle gibt’s zur Weihnachtszeit in saisonal abgestimmten Noten. „Dieses Massageöl duftet himmlisch nach Apfel und Zimt und macht sofort Lust auf eine Massage unterm Weihnachtsbaum!“, säuselt ein Produzent online unter der Rubrik „Geschenkideen“. Ebenfalls erhältlich für 7,80 Euro pro Flasche sind die Nuancen Schokolade, Marzipan, Krokant und Punsch.
„Da könnten auch Omas selbstgestrickte Socken drin sein"
Von Penisringen in Schneeflockenform über String-Tangas mit provokanter Zipfelmütze, Vibratoren im Weihnachtsmanndesign bis zu großflächigen Dessous-Reklametafeln an jeder Kreuzung – die erotische Zelebration der Körperlichkeit gehört inzwischen offenbar zur Adventszeit wie Schneekugeln und Glühwein. Für die einschlägigen Händler ein gutes Geschäft, machen sie doch bis zu 50 Prozent ihres Umsatzes alleine im Dezember.
„Dabei darf es zum Fest ruhig ein bisschen ausgefallener sein“, sagt Orion-Sprecherin Ann-Kathrin Döbbeke, schließlich laufe der Versand durch die Online-Shops „diskret und neutral“ ab. Der Anbieter Erotik-Toys beruhigt seine Adventskunden gar mit folgendem Satz: „Da könnten auch Omas selbstgestrickte Socken drin sein.“
Timo Lokoschat