So schwindelt die Lebensmittel-Industrie

Wie Hersteller ganz normale oder sogar schädliche Produkte mit vermeintlichen Wohlfühl-Argumenten bewerben. Foodwatch hat einen Produktcheck gemacht und listet bedenkliche Beispiele auf.
von  Michael Heinrich
Viel Salz, wenig Vitamine: „Stockmeyers Ferdi Fuchs“-Mini-Salamis
Viel Salz, wenig Vitamine: „Stockmeyers Ferdi Fuchs“-Mini-Salamis © Foodwatch

Berlin - Der Trick ist dreist: Die vor allem für Kinder beworbene „Stockmeyers Ferdi Fuchs“-Mini-Salamis sind zu fett und zu salzig. Trotzdem steht auf der Verpackung „Der tägliche Beitrag für die gesunde Ernährung“. Dieser „Beitrag“ besteht in der Zusetzung von Vitaminen, die allerdings für die Kinder überflüssig sind. Mit diesen und anderen Beispielen deckt die Verbraucherschutz-Organisation Foodwatch die Gesundheitslügen der Lebensmittelindustrie auf.

Eigentlich sollen Verbraucher seit einem Jahr vor solchen Täuschungen geschützt sein, doch die EU-Health-Claims-Verordnung bietet der Industrie Hintertürchen. Mit Hilfe geringer Zusätze – zum Beispiel von Vitaminen – darf bei schädlichen Produkten mit den vermeintlich gesundheitlichen Vorteilen geworben werden: und zwar ganz legal. Foodwatch hat einen Produktcheck gemacht und listet bedenkliche Beispiele auf.

Danone Actimel (Sorte Classic): Auf der Packung geworben wird damit, dass die enthaltenen Vitamine B6 und D das Immunsystem unterstützen und Müdigkeit und Ermüdung verringern. Foodwatch kontert: „Die zugesetzten Vitamine sind ernährungsphysiologisch nicht notwendig, suggerieren aber, dass Actimel ein gesundes Produkt sei. Und das, obwohl es eine Zuckerbombe ist und so viel Zucker enthält wie Coca Cola.“

RedBull Energy Drink: Der Aufdruck auf der Dose verspricht einen „Energy Drink, der Geist und Körper belebt“ und von Spitzensportlern, Studenten und in stark fordernden Berufen geschätzt werde. Die Tester dagegen: „Als Soft-Drink mit elf Prozent Zucker ist Red Bull hypertonisch und kann weder Flüssigkeits- noch Mineralstoffverlust ausgleichen. Auch gibt es gefährliche Nebenwirkungen wie Nierenversagen, Krampfanfälle oder Herzrhythmusstörungen.“

Adelholzener Active O2. Je nach Sorte trägt das Produkt laut Aufschrift zur „normalen Muskelfunktion“ beziehungsweise zur „Erhaltung der normalen Knochenstruktur“ bei. Mit den Zusätzen Magnesium oder Calcium, so die Kritiker, seien wir in Deutschland im Allgemeinen gut genug versorgt. Die Soft-Drinks mit vier Prozent Zucker seien dagegen ein Risikofaktor für Übergewicht, Herzkrankheiten und Diabetes.

Unilever Becel pro.activ: Die Packungsaufschrift lautet: „Senkt aktiv den Cholesterinspiegel“. Das kann, so Foodwatch, vom Hersteller nicht belegt werden: „Mehr noch: Das Produkt steht sogar im Verdacht, Ablagerungen in Gefäßen zu verursachen und damit das Risiko für Herzkrankheiten zu erhöhen.“ Die Prüfer weiter: „Quasi-Medikamente haben im Supermarktregal nichts verloren. Becel pro.activ sollte ein Zulassungsverfahren als Artzney durchlaufen und ausschließlich in der Apotheke auf Rezept verkauft werden.“

Nestlé LC1: Wird beworben mit „den speziellen Kulturen LC1“. Außerdem enthalte es „wertvolles Calcium.“ Und: „Für Ihr Wohlbefinden.“ Foodwatch sagt dagegen: „LC1 ist nicht mehr und nicht weniger als ein Naturjoghurt. ... LC1 kostet mehr als das doppelte eines normalen Joghurts. Die Gesundheitswerbung dient also offenbar nur dazu, den Verbrauchern das Geld aus der Tasche zu ziehen.“

Modeléz belVita Frühstückskeks (Sorte Honig und Nüsse): Eigenwerbung: „Energie für den ganzen Vormittag. Durch die ausgewählten Zutaten ... bleiben die natürlichen Vorzüge des Getreides erhalten und ermöglichen ... eine kontinuierliche und schrittweise Abgabe von Kohlenhydraten über vier Stunden.“ Die Verbraucherschützer kontern: „Der belVita-Frühstückskeks unterscheidet sich in seinen Nährwerten nicht wesentlich von anderen Keksen. Mit 26 Prozent Zucker und 17 Prozent Fett ist er eine Süßigkeit und hat mehr Zucker und mehr Fett als der Vollkorn-Keks oder auch der klassische Butterkeks von Leibniz.“

Das Fazit von Foodwatch-Experten Oliver Huizinga: „Danone, Unilever & Co. vermarkten Industrieprodukte im falschen Gesundheitslook.“

 

merken
Nicht mehr merken
X

Sie haben den Inhalt der Merkliste hinzugefügt.