So giftig ist unsere Kleidung
Nahezu alle großen Textilhersteller verwenden Giftchemie, beklagt Greenpeace. Und diese Gifte seien sogar in unserem Blut nachweisbar.
Hamburg - Ein großer Greenpeace-Test belegt: Für die Produktion von Kleidung setzen alle führenden Modemarken krebserregende oder hormonell wirksame Chemikalien ein. Die Umweltschutzorganisation hat 141 Kleidungsstücke aus 29 Ländern von unabhängigen Laboren untersuchen lassen, auf Nonylphenol-Ethoxylate (NPE), Weichmacher, krebserregende Amine und weitere Schadstoffe: Alle Markenprodukte enthielten NPE, die zu giftigem Nonylphenol abgebaut werden.
„Modemarken missbrauchen weltweit Flüsse als private Abwasserkanäle und verschmutzen so das Trinkwasser von Millionen Menschen“, sagt Christiane Huxdorff, Chemie-Expertin von Greenpeace. „Von der Produktion bis zur Entsorgung schaden gefährliche Textilchemikalien Umwelt und Gesundheit."
Einen Unterschied zwischen Luxuslabels und Wühltischware gibt es dabei nicht - die getesteten Kleidungsstücke – Jeans, Hosen, Kleider, T-Shirts, Unterwäsche – stammen von Armani, Benetton, C&A, Calvin Klein, Diesel, Esprit, Gap, H&M, Jack&Jones, Levi's, Mango, Metersbonwe, Only, Tommy Hilfiger, Vero Moda, Victoria's Secret, Zara.
Fortpflanzungsschädigende Weichmacher (Phthalate) wurden in hohen Konzentrationen in bedruckten T-Shirts von Tommy Hilfiger und Armani festgestellt. Produkte von Zara enthielten sowohl hormonell wirksame, als auch krebserregende Chemikalien: Hohe NPE-Rückstände fanden sich in Kinderjacken aus China, karzinogene Amine in Zara-Jeans aus Pakistan.
„Auch wenn Textilien in China, Mexiko oder Pakistan produziert werden, sind die eingesetzten Schadstoffe in unserem Blut nachweisbar", sagt Huxdorff.
So will die Textilbranche die Vorwürfe aber nicht stehen lassen. C&A-Sprecher Torsten Rolfes: „Tatsächlich war der NPE-Gehalt eines unserer für den mexikanischen Markt produzierten T-Shirts sehr hoch – über unserem eigenen Limit. Es wird aus der Produktion genommen.“ Generell will C&A „die NPEs raushaben“, nur: „Das geht nicht mal eben so schnell.“
Daher ist der Konzern dem Greenpeace-Bündnis „Detox“ beigetreten, einer Roadmap zu null Gift bis 2020, wie auch H+M, Puma, Adidas und Nike, noch nicht jedoch die spanische Inditex-Gruppe: Mit jährlich rund 850 Millionen verkauften Textilien ist der Konzern, zu der das Label Zara gehört, das weltweit größte sogenannte Fast-Fashion-Unternehmen, mit sechs bis acht neuen Kollektionen im Jahr.
Diese Fast Fashion wird massenhaft produziert, gekauft und weggeworfen: 2011 haben deutsche Verbraucher knapp sechs Milliarden Kleidungsstücke gekauft – auf dem Müll landen jährlich eine Million Tonnen der schnelllebigen Massenware. Auch die Entsorgung ist problematisch.
Greenpeace gibt allerdings zu, dass es nicht oder kaum gesundheitsschädlich ist, diese Kleidung zu tragen. Die Gefahr ist die Anreicherung in den Gewässern durch Produktion oder Wäsche. Gift-Expertin Huxdorff: „Die Chemikalien bauen sich nicht ab.“
Sollte man neue Textilien vor dem ersten Tragen vorsichtshalber waschen? Huxdorff rät davon nicht ab: „Schon allein deshalb, weil man nicht weiß, wer das Kleidungsstück schon in der Hand hatte.“ Ihrer Meinung nach genügen aber 40 Grad, und - bitte ökologisch - „die Waschmaschine gut füllen.“
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