So früh - so exakt

Als die Wahllokale bei der bayerischen Landtagswahl schlossen, war die Spannung schon vorbei. Um 18 Uhr lieferten die Meinungsforscher eine Prognose, die - bis auf Nuancen - dem Endergebnis glich. Wie ist das möglich?
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Hat ausgebrüllt: Der Löwe an der CSU-Zentrale in München
Bongarts/Getty Images Hat ausgebrüllt: Der Löwe an der CSU-Zentrale in München

MÜNCHEN - Als die Wahllokale bei der bayerischen Landtagswahl schlossen, war die Spannung schon vorbei. Um 18 Uhr lieferten die Meinungsforscher eine Prognose, die - bis auf Nuancen - dem Endergebnis glich. Wie ist das möglich?

Vorbei sind offenbar die Zeiten, in denen man stundenlang vor dem Bildschirm bei Bier und Salzstangen einer halbwegs zuverlässigen Hochrechnung entgegenfiebern konnte oder gar auf das endgültige Ergebnis warten musste, um den Ausgang der Wahl zu erfahren. Es sind andere Zeiten, bestätigt der Bonner Diplom-Soziologe Timo Grunden der AZ: „Das Verfahren, am Wahltag selbst Umfragen zu machen, hat sich zwar schon in den 50er-Jahren in den USA entwickelt. Es war aber ein langer Weg über Versuch und Irrtum, bis wir die Methode so verfeinern konnten, dass sie so präzise Ergebnisse liefert.“

Die Wahlforschung unterscheidet drei Arten von von Methoden um Wahlabsichten oder tatsächliches Wahlverhalten zu ermitteln, die sich teilweise ganz erheblich voneinander unterscheiden. Die Umfragen vor dem Wahltermin sind naturgemäß die am wenigsten präzisen. Sie beruhen – je nach Kostenaufwand – auf den Aussagen von 800 bis 2000 repräsentativ ausgewählten Bürgern, die telefonisch, schriftlich oder sogar persönlich befragt werden. Sie können natürlich immer nur die aktuellen Verhaltensabsichten, nie das tatsächliche Wahlverhalten widerspiegeln. Professor Karl-Rudolf Korte, Leiter „Forschungsgruppe Regieren“ in Bonn: „Die Fehlertoleranz beträgt je nach Umfang und Methode der Erhebung etwa zwischen zwei und vier Prozent“ – kann aber im Extremfall noch weiter abweichen.

Die inzwischen so exakten Prognosen, die um 18 Uhr veröffentlicht werden, beruhen auf Befragungen, die während des gesamten Wahltages direkt vor repräsentativ ausgewählten Wahllokalen durchgeführt werden. Diese werden unter anderem danach ausgesucht, ob sie bei der letzten vergleichbaren Wahl dem amtlichen Endergebnis entsprechende Zahlen geliefert haben. Timo Grunden zur AZ: „Das Ergebnis nähert sich um so mehr an das tatsächliche Resultat der Wahl an, je größer die Zufälligkeit der ausgewählten Personen und je größer ihre Zahl ist.“ Bei Landtagswahlen werden etwa 7000 Menschen befragt. Dazu werden sie am Ausgang gebeten, ihre Stimmen noch einmal in die Urnen der Meinungsforscher abzugeben.

Auf dem tatsächlichen und ursprünglichen Wahlverhalten basieren dann die Hochrechnungen des Abends. Karl-Rudolf Korte: „Hierbei werden die Ergebnisse repräsentativ ausgewählter Stimmbezirke – also einzelner Wahlurnen – hochgerechnet. Die Stimmbezirke sind so ausgewählt, dass sie in ihrer Gesamtheit das Ergebnis der vorangegangenen Wahl exakt abbilden.“ Die Unsicherheiten bei dieser Methode verringern sich, je mehr Stimmbezirke ausgewählt sind. Korte: „Nur wenn eine Partei nahe an der Fünf-Prozent-Hürde liegt oder sich zwei Parteien ein Kopf-an-Kopf-Rennen liefern, muss erst die endgültige Auszählung abgewartet werden.“ Doch das war am Sonntag nicht der Fall. Michael Heinrich

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