Skandal in Elite-Gymnasium: Jesuiten-Pater haben Buben missbraucht

Berlin: Zwei Lehrer des Ordens-Kolleg sollen sich über Jahre hinweg an Kindern vergangenen haben – möglicherweise in hunderten von Fällen. Auch Prominente unter den Opfern?
Abendzeitung |
X
Sie haben den Artikel der Merkliste hinzugefügt.
zur Merkliste
Merken
0  Kommentare
lädt ... nicht eingeloggt
Teilen  AZ bei Google News

Berlin: Zwei Lehrer des Ordens-Kolleg sollen sich über Jahre hinweg an Kindern vergangenen haben – möglicherweise in hunderten von Fällen. Auch Prominente unter den Opfern?

BERLIN Es ist ein Skandal mit noch gar nicht absehbaren Dimensionen: Am Berliner Jesuiten-Kolleg sind über Jahre hinweg Schüler von mindestens zwei Lehrern systematisch missbraucht worden. Es könnte sich um bis zu 600 Buben handeln. Das Kolleg gilt als Berliner Elite-Gymnasium, viele frühere Absolventen sind heute in führenden Positionen in Wirtschaft, Politik und Gesellschaft tätig.

Die sexuellen Übergriffe fanden in den 70er– und 80er-Jahren statt, sind also verjährt. Die beiden beschuldigten Jesuiten-Patres sind nicht mehr am Kolleg tätig. Trotzdem ist dessen Leiter, Pater Klaus Mertes, sofort nach Erhärtung des Verdachtes jetzt an die Öffentlichkeit getreten, was bei ähnlichen Delikten in kirchlichen Einrichtungen nicht immer der Fall ist.

Welcher Art die systematischen Übergriffe waren, will Mertes mit Rücksicht auf die Opfer nicht sagen. Es seien aber „ekelhafte, schreckliche Sachen“.

„Mit tiefer Erschütterung und Scham habe ich diese entsetzlichen, nicht nur vereinzelten, sondern systematischen und jahrelangen Übergriffe zur Kenntnis genommen“, heißt es in einem Brief, den der Pater an 600 ehemalige Schüler geschrieben hat und durch den die Vorwürfe publik wurden. Den Brief habe er auch geschrieben, „um einen Beitrag dazu zu leisten, das Schweigen in den betroffenen Jahrgängen zu brechen und den Betroffenen das Sprechen zu ermöglichen. Die Opfer sind heute rund 40 Jahre alt, Missbrauch von Kindern verjährt in Deutschland zehn Jahre nachdem das Opfer 18 Jahre alt geworden ist.

Bislang seien ihm sieben Fälle bekannt, sagte Mertes. Er gehe aber „von einer größeren Dunkelziffer“ aus. „Die Wucht der Vorfälle hat mich erschlagen“, sagt Mertes. „Ich habe den Opfern vollkommene Diskretion zugesagt. Ihnen steht frei, sich an die Öffentlichkeit oder die Polizei zu wenden.“ Dies ist, so die „Berliner Morgenpost“ aber bisher nicht geschehen, so dass offen ist, ob Berliner Prominente unter den Opfern sind.

Berichte einzelner ehemaligen Schülern hätten ihn überzeugt, dass es nicht mehr um Einzelfälle gehe, sondern ein systematischer und jahrzehntelanger Missbrauch vorliege.

In den Gesprächen mit einigen der Opfer habe er besser verstanden, „welche tiefen Wunden sexueller Missbrauch im Leben junger Menschen hinterlässt“, so Mertes.

Um die Aufarbeitung der Fälle kümmert sich die Rechtsanwältin Ursula Raue. Sie möchte zumindest eine Entschuldigung durch die beiden Täter erreichen. Sie ist mit den beiden Männern in Kontakt, zumindest einer der Beiden bestreitet die Vorwürfe nicht. Bei „intensiven Gesprächen“ mit ihnen habe sich wieder einmal bestätigt, dann Männer nach derartigen Übergriffen oft denken, „so schlimm sei das gar nicht, was sie getan haben“, zitiert der „Tagesspiegel“ die Anwältin.

Am Canisius-Gymnasium herrschte gestern große Unsicherheit. Einige Schüler erzählten, sie hätten erst durch die Zeitung von den Missbräuchen erfahren. „Das war keinem Schüler bekannt“, sagte ein 19-Jähriger. Im Unterricht habe man kurz mit den Lehrern darüber geredet. mh

Lädt
Anmelden oder registrieren

Zum Login
Zu meinen Themen hinzufügen

Hinzufügen
Sie haben bereits von 15 Themen gewählt

Bearbeiten
Sie verfolgen dieses Thema bereits

Entfernen
Um "Meine AZ" nutzen zu können, müssen Sie der Datenspeicherung zustimmen.

Zustimmen
 
0 Kommentare
Bitte beachten Sie, dass die Kommentarfunktion unserer Artikel nur 72 Stunden nach Veröffentlichung zur Verfügung steht.
Noch keine Kommentare vorhanden.
merken
Nicht mehr merken
X

Sie haben den Inhalt der Merkliste hinzugefügt.