Silvester 2010: Jetzt knallt’s richtig!

MÜNCHEN - Ab Mittwoch gibt’s die Raketen: Die EU erlaubt ab heuer doppelt so viel Sprengstoff in Feuerwerkskörpern wie bisher. Die Feuerwehr aber warnt. Alles zu den Krachern...
Es wird das Silvester der Superlative – lauter, bunter, spektakulärer. Der Grund: In diesem Jahr wirkt sich erstmals eine neue EU-Richtlinie für Feuerwerk aus. Die erlaubt mehr als doppelt so viel Sprengmasse in den Feuerwerkskörpern wie bisher. Die AZ klärt die wichtigsten Fakten zum Thema.
Was ist in diesem Jahr anders? Eine neue EU-Richtlinie besagt, dass Feuerwerkskörper erstmals eine wesentlich größere Menge an Treib- und Leuchtmitteln enthalten dürfen als bisher. 2009 waren noch maximal 200 Gramm „Nettoexplosivstoffmasse“ zugelassen, jetzt sind es bis zu 500 Gramm. Das bedeutet: spektakulärere Effekte, längere Brenndauer, lauterer Knall. Bei einzelnen Artikeln wie Batteriefeuerwerken mit Fontänen sind sogar 600 Gramm zugelassen.
Welche Artikel sind davon betroffen? Die Neuerung betrifft vor allem so genannte Batteriefeuerwerke. In den quaderförmigen Batterien ist viel Platz für Sprengstoff. Normale Silvesterraketen hingegen enthalten nur einen Bruchteil der neuen Obergrenze von 500 Gramm – normalerweise bis zu 20 Gramm. Bei ihnen ändert sich deshalb nichts, ebenso wenig wie bei Krachern und Böllern.
Wie erkenne ich die neuartigen Feuerwerke? Die Hersteller weisen mit Aufklebern oder Aufdrucken wie „400 Gramm“ oder „500 Gramm“ auf die enthaltene Sprengmasse hin – daran erkennt man die neuen Power-Feuerwerke.
Sind die neuen Super-Feuerwerke gefährlich? „Die Sprengmasse hat sich mehr als verdoppelt – dadurch steigt auch die Gefahr“, sagt Dieter Welle. Der Pressesprecher der Münchner Feuerwehr rät deshalb zu besonderer Vorsicht: „Behalten Sie immer im Hinterkopf, dass in dem Feuerwerk jetzt noch mehr Sprengstoff drin ist.“ Bei sachgemäßer Handhabung (siehe Artikel unten) sind die Super-Feuerwerke aber sicher, sagen Hersteller und Feuerwehrexperte.
Was sind die Trends in diesem Jahr? „Immer beliebter werden Feuerwerkskörper mit vielen Effekten“, sagt Klaus Gotzen vom Verband der Pyrotechnischen Industrie (VPI). „Stark nachgefragt werden auch Systemfeuerwerke oder Verbundfeuerwerke.“ Dabei sind gleich mehrere Batterien miteinander verbunden. Das Farbenspiel dieser Kracher dauert bis zu drei Minuten.
An Beliebtheit eingebüßt hätten aber die China-Böller, so Gotzen. Sie haben zwar noch eine Fan-Gemeinde, aber die ist im Vergleich zu den Vorjahren geschrumpft. Ein Dauerbrenner ist und bleibt die klassische Rakete. Allein der deutsche Marktführer Weco hat mehr als 20 Millionen Raketen produziert – allein in diesem Jahr.
Wer kauft sich überhaupt Feuerwerk? Die Hauptzielgruppe liegt bei Männern zwischen 18 und 35 Jahren. Doch der VPI registiert einen zunehmenden Frauenanteil an der Käuferschaft: „Die kaufen dann aber keine lauten Böller, sondern eher Feuerwerk, das schöne und bunte Formen an den Himmel zaubert.“ (Siehe auch aktuelle Frage, Seite 6)
Wie groß ist die Feuerwerksindustrie? 2009 haben die Deutschen rund 113 Millionen Euro ausgegeben – um sie dann wieder in den Himmel zu schießen. Das waren vier Millionen mehr als im Jahr 2008. „Gerade in wirtschaftlich schwierigen Zeiten wird besonders ausgiebig gefeiert“, sagt Gotzen. Dieses Mal hofft die Branche auf ein ähnlich gutes Geschäft. Ein wichtiger Faktor ist laut Gotzen dabei aber vor allem das Wetter: „Wenn es an Silvester in der Früh schon eiskalt draußen ist und glatt auf den Straßen, haben manche Leute keine Lust, Raketen kaufen zu gehen und sich damit nachher auch noch in die Kälte zu stellen.“ Ideal sei trockenes Wetter mit etwas Sonnenschein. „Das animiert dann auch die Wankelmütigen, zu kaufen.“
Werden die Feuerwerkskörper durch die neue EU-Regelung teurer? „Die Preise für Raketen und Böller bleiben ungefähr auf Vorjahresniveau“, sagt Verbandschef Gotzen. Feuerwerksbatterien mit bis zu 500 Gramm Sprengmasse gibt es heuer zum ersten Mal, deshalb gibt es dafür noch keine Vergleichspreise – aber naturgemäß werden sie etwas teurer sein als Artikel mit weniger Sprengmasse. Kasanobu Serdarov
Polen-Böller sind strafbar
Wo bekomme ich das Feuerwerk, wann darf ich überhaupt böllern – der große AZ-Service.
Ab wann kann man Feuerwerk kaufen? Der Verkauf startet am Mittwoch und endet an Silvester.
Wo kann ich Feuerwerk kaufen? Inzwischen kann man fast überall Feuerwerk kaufen – im Discounter wie Aldi und Lidl, beim Baumarkt wie Praktiker, sogar im Fotofachgeschäft Sauter gibt es Böller und Raketen. Nicht kaufen sollte man Feuerwerk auf dem Flohmarkt oder bei Fliegenden Händlern.
In welchem Zeitraum darf man böllern? Laut Gesetz darf man in München am 31. 12. als auch am 1. 1. ganztägig Feuerwerk abbrennen – also theoretisch 48 Stunden lang. Wer außerhalb dieses Zeitraums böllert, riskiert ein Bußgeld „von bis zu mehreren hundert Euro“, sagt Manfred Thalhammer von der Münchner Sprengstoffbehörde zur AZ. Verboten ist die Böllerei übrigens auch in der Nähe vonKirchen, Krankenhäusern, Kinder- und Altersheimen.
Warum darf ich Feuerwerk nicht im Ausland kaufen? Zwar gibt es nun eine einheitliche EURichtlinie, doch die ist noch nicht überall in der EU umgesetzt. In Deutschland sind deshalb nur Böller und Raketen zugelassen, die das „BAM“-Prüfsiegel tragen. „BAM“ steht für Bundesamt für Materialforschung und -Prüfung. Die Behörde prüft das Feuerwerk auf seine Sicherheit. Alternativ kann auch noch das CE-Siegel aufgedruckt sein. Böller aus dem Ausland haben kein BAM-Siegel – wer sie benutzt, macht sich sogar strafbar.
Wie lagere ich die Böller und Raketen bis Silvester richtig? Im Prinzip kann man nichts falschmachen, wenn man das Feuerwerk kühl und trocken lagert – „und auf den Gasherd sollte man sie nicht unbedingt legen“, sagt Klaus Gotzen vom Verband der Pyrotechnischen Industrie. Sprich: nicht in die Nähe von Feuer legen.
Kann ich übriggebliebenes Feuerwerk problemlos aufbewahren? Ja, die Böller und Raketen funktionieren auch im nächsten Jahr noch. Auch hier gilt aber: kühl und trocken lagern, von Feuerquellen fernhalten.
Wie schieße ich Raketen richtig ab? Am besten in einer großen Flasche, wer auf Nummer sicher gehen will, stellt die Flasche in einen Getränkekasten. Bei Böllern gilt: keine Selbstbasteleien, das kann böse ausgehen. Blindgänger sollteman außerdem nie zweimal anzünden.