SEXperimente mal anders: "Gefesselte Lust"

Wenn Delona ihren Freund Hannes verschnürt, ist das nicht nur ein Spiel aus Dominanz und Unterwerfung. Die Sex-Stimulation Bondage bedeutet für das Paar Vertrauen und Harmonie
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Mit sieben Seilen, jedes allein acht Meter lang, fesselt Delona Hannes. Dafür lässt sie sich von japanischem Bondage inspirieren.
Petra Schramek Mit sieben Seilen, jedes allein acht Meter lang, fesselt Delona Hannes. Dafür lässt sie sich von japanischem Bondage inspirieren.

Wenn Delona ihren Freund Hannes verschnürt, ist das nicht nur ein Spiel aus Dominanz und Unterwerfung. Die Sex-Stimulation Bondage bedeutet für das Paar Vertrauen und Harmonie

Es geht nicht darum, den anderen einfach bloß einzuschnüren“, sagt Delona und zieht das Seil noch ein bisschen fester zu. Das Seil ist aus Jute, es ist fünf Millimeter dick, acht Meter lang. So lang und dick sind alle Seile, die Delona benutzt, wenn sie, wie jetzt, Hannes seine auf den Rücken gekreuzten Arme umwickelt, umwindet, verknotet.

Delona und Hannes sind zur AZ gekommen, um über Bondage zu reden. Über ihre Lust am Fesseln und gefesselt zu werden. Über das Vertrauen, das es braucht, um sich dem anderen auszuliefern, über die Machtverhältnisse, die entstehen. Über all das, was für die beiden den Reiz ausmacht an diesem sexuellen Spiel, das so viel mehr bedeutet als Knoten knüpfen und Seile binden.

Um das zu verstehen, muss man zurück an den Anfang gehen. 18 Jahre ist es her, dass Delona dem Bondage verfiel. Sie war eine junge Frau damals, 23 Jahre, sie begleitete eine Freundin zu einer Party. Auf dieser Party wird eine Frau gefesselt. Delona sieht zu – und mit einem mal ist da eine Faszination. „Ich habe gesehen, wie die Frau das Spiel aus Dominanz und Unterwerfung genossen hat“, sagt Delona, „und ich habe gemerkt, wie sehr ich mich selbst danach sehnte.“ Ein verbreiteter Wunsch: 92 Prozent der deutschen Frauen würden gerne Fesselspiele ausprobieren, bei den Männern ist es die Hälfte.

Delona taucht in die Welt des Bondage ein, sie liest Bücher, sie schaut Filme, sie besucht Workshops, sie kauft Seile. Sie lernt Hannes kennen. Am 28. Dezember 2006 im „Cook“, einer Kneipe in der Innenstadt, in der sich jeden Donnerstag Menschen aus der Szene treffen. Delona kann sich an jedes Detail genau erinnern – denn seither ist alles anders. „Es ist das Gefühl, ausgeliefert und zugleich sicher zu sein, das ich genieße“, sagt Hannes. „Sie ist dominant, ich bin devot, wir harmonieren perfekt.“ Vor einer Woche hat der 38-Jährige Delona einen Heiratsantrag gemacht, nächstes Jahr wollen beide heiraten.

Im Bondage gehe es exakt darum, erklärt Delona. Um Harmonie. Um klare Rollenaufteilung. Um Rituale. Hannes lässt sich immer zuerst seine Hände fesseln. So werden gleich zu Beginn Machtverhältnisse geklärt und Verantwortung übertragen. Die liegt bei Delona. „Der Hals ist tabu“, sagt sie, niemals dürfe an Stellen geschnürt werden, an denen der Puls gefühlt werden kann, an denen große Arterien verlaufen, wo Schmerzen entstehen. Es gehe nicht um Schmerzen, es geht um Sinnlichkeit, sagt Delona. Und um Ästhetik. Auch darum

Die beiden praktizieren japanisch inspiriertes Bondage. Bei diesem – anders als beim „Folterbondage“, dessen Ziel die unangenehme, schmerzhafte Lage ist – soll ein Gesamtkunstwerk aus Körper und Seil entstehen. Eine „perfekte Symbiose“, wie Delona es ausdrückt. „Es reicht nicht, einen Menschen zu fesseln, es muss auch schön sein.“ Zur Ausrüstung bei dieser Variante des Bondage gehören sieben Seile, ein jedes acht Meter lang. Damit lassen sich kunstvolle Verschnürungen und ausgefallene Knoten knüpfen.

Delona beginnt meist mit einem „Takata Kote“, bei dem Arme und Hände entweder vor der Brust oder aber am Rücken verknotet werden. Typisch für diese Fesselung sind unterhalb der Brust verlaufende Seile. Diese können als Ausgangspunkt für aufbauende Fesselungen dienen, der Beginn eines komplexen Flechtwerkes werden.

Was so im Schlafzimmer der beiden, an dessen Decke Hannes Haken für Hängungen angebracht hat, entsteht, ist für Delona ein „Kunstwerk“, gibt ihr einen visuellen Reiz, der ebenso erregend ist wie es die körperlichen Reaktionen des Partners sind. Die Prozedur der Schnürung ist genauso wichtig wie das Ergebnis. Sie nehmen sich die Zeit, Zeit, in der sie „zu Ruhe kommen“. Was immer das bedeuten mag.

Dabei geht es ihnen nicht vorrangig darum, den sexuellen Höhepunkt zu erreichen. Das passiert schon mal, klar doch, aber es ist für die beiden völlig in Ordnung, wenn nichts geschieht. Hannes und Delona haben auch „ganz normal Blümchensex“, die Fesselspiele sind kein Fetisch, ohne den es nicht geht und dessen Reiz intensiviert werden muss. Im Gegenteil.

Es ist ein Spiel von zwei Menschen, die sich aufeinander verlassen wollen und einander hingeben wollen. Ein Spiel, bei dem sie sich fallenlassen können, gerade weil ihre Rollen definiert sind. Im wahren Leben, als Partner auf Augenhöhe, ist alles nicht immer so einfach und klar – aber das erwarten sie auch nicht. „Ich möchte nicht 24 Stunden in einer SM-Welt leben“, sagt Delona zum Abschied, „ich bin auch eine ganz normale Frau.“

Jan Chaberny

Delona gibt am 16. Dezember und 22. Januar Bondage-Kurse. Infos unter: Delona@gmx.net

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