Sechslings-Sensation

Die Chance steht 1 zu 4,5 Milliarden: Deswegen ist es eine Sensation, dass jetzt im Berliner Klinikum Charité Sechslinge geboren wurden. Der Zustand der Kinder – drei Buben und drei Mädchen – sei stabil, obwohl sie drei Monate zu früh kamen und die Kleinen nur zwischen 800 und 900 Gramm wiegen.
von  Abendzeitung
Gruppenbild mit Vater: Die fünf Geschwister Mooser an ihrem 18. Geburtstag.
Gruppenbild mit Vater: Die fünf Geschwister Mooser an ihrem 18. Geburtstag. © R. Zimmermann

Die Chance steht 1 zu 4,5 Milliarden: Deswegen ist es eine Sensation, dass jetzt im Berliner Klinikum Charité Sechslinge geboren wurden. Der Zustand der Kinder – drei Buben und drei Mädchen – sei stabil, obwohl sie drei Monate zu früh kamen und die Kleinen nur zwischen 800 und 900 Gramm wiegen.

„Zum Glück sind solche Mehrlings-Geburten nur noch eine Rarität“, sagt Professor Klaus Friese, Leiter der Frauenklinik im Klinikum München-Großhadern der AZ. Sie ereignen sich, wenn sich Frauen, um ihren Kinderwunsch zu erfüllen, hormonell behandeln lassen. „Früher gab es dann öfter mal eine große Zahl von Mehrlingen, heute kann man sagen, dass dann etwas misslungen ist“, so Friese. Eine Mehrlings-Schwangerschaft entsteht, wenn die Eierstöcke der Frau zwei oder mehr Eizellen gleichzeitig produzieren oder sich ein befruchtetes Ei in einem frühen Stadium teilt. Bei einer künstlichen Befruchtung werden mehrere befruchtete Eizellen eingesetzt - in Deutschland maximal drei. Die Methoden der Reproduktionsmedizin seien so ausgereift, dass es meistens maximal Drillingsgeburten gebe, so Friese.

Die Überlebenschancen der Berliner Sechslinge beurteilt er als gut: „Bei uns in Großhadern überleben jährlich etwa 50 Kinder mit einem Geburtsgewicht von unter 1000 Gramm. Die Babys haben heute, dank verbesserter Methoden, wesentlich bessere Chancen als früher.“ Auch Frieses Kollege Bernhard-Joachim Hackeloer, Professor am Mutter-Kind-Zentrum der Asklepios-Klinik in Hamburg stimmt dem zu: Für die gute Prognose der Berliner Sechslinge sei es entscheidend, dass sie in einem hoch spezialisierten Zentrum auf die Welt gekommen sind. Da die Lungen bei Frühgeborenen noch nicht ausgereift seien, könnten bei den Kindern Atemprobleme auftreten. Auch mögliche Infektionen seien gefährlich, weil sie zu Hirnblutungen führen könnten. Außer dass der Zustand der Kinder stabil sei, gaben die Ärzte keine weitere Stellungnahme ab – mit Verweis auf die Intimsphäre der Familie. „Wir bitten um Verständnis, dass Kinder und Mutter jetzt Ruhe brauchen“, sagte Klinikdirektor Ulrich Frei. Mit Verweis auf die Privatsphäre der Familie lehnte die Klinik deshalb weitere Stellungnahmen ab. Für den Abend war aber eine Pressekonferenz zu dem Thema angekündigt.

Laut Medienberichten war die junge Mutter einige Tage zuvor in die Klinik gekommen – was die Charité in Alarmbereitschaft versetzt hatte: Für jedes Kind war rund um die Uhr je eine Hebamme eingeteilt gewesen.

Eine Aufsehen erregende Sechslingsgeburt hatte es 1986 in München gegeben. Am 24. März gebar damals die Ebersbergerin Annemarie Mooser (25) sechs Kinder – doch die Mutter starb wenige Stunden nach der Geburt an einer Lungenembolie. Ihr Sohn Stefan überlebte die ersten vier Wochen nicht, er erlag einer Darmentzündung. Vater Martin Mooser, ein Eisenbahner, war damals „völlig zerstört“. Inzwischen sind die überlebenden Geschwister Monika, Martina, Brigitte, Robert und Matthias längst erwachsen, gehen ihre eigenen Wege. „Der 24. März hat für uns alle immer eine traurige und eine schöne Seite", sagte Martina, die Zweitgeborene, an ihrem 18. Geburtstag bei einem der seltenen Interviews, das die Geschwister gaben. „An jedem Geburtstag gehen wir ans Grab der beiden.“ Wie das Gästebuch ihrer Homepage zeigt, interessieren sich auch heute noch viele Menschen für das Schicksal der Familie – so viele, dass die Kinder sogar Autogrammkarten versenden. Michael Heinrich

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