Schwund der Wälder «teurer als Finanzkrise»

BARCELONA/ROM - Der anhaltende Schwund der Wälder kostet die Weltwirtschaft einer EU-Studie zufolge deutlich mehr als die globale Finanzkrise. Auch ungezügelte Überfischung der Meere koste jährlich etwa 50 Milliarden Dollar.
Während sich der Verlust an der Wall Street im Finanzsektor nach verschiedenen Berechnungen bislang auf 1 bis 1,5 Billionen Dollar belaufe, verliere die Welt jedes Jahr 2 bis 5 Billionen Dollar in Form von Naturkapital, zitierte der britische Sender BBC am Freitag den Deutsche-Bank-Ökonomen Pavan Sukhdev. «Das ist nicht nur mehr, sondern auch noch fortlaufend. Es passiert jährlich, Jahr für Jahr», sagte Sukhdev der BBC am Rande der Weltnaturschutzkonferenz in Barcelona.
Sukhdev ist der Leiter der von Deutschland initiierten und von der EU-Kommission finanzierten Untersuchung TEEB («The Economics of Ecosystems and Biodiversity»), die den ökonomischen Wert der Natur untersucht. Die genannten Verluste beruhen auf dem Schwund kostenloser «Dienstleistungen» der Natur wie etwa der Bereitstellung von Trinkwasser und sauberer Atemluft oder der Aufnahme von Treibhausgasen. Diese Dienste muss der Mensch entweder ersetzen oder entbehren - beides sei teuer, betonte Sukhdev.
Zugleich warnten Weltbank und die Welternährungsorganisation FAO, die ungezügelte Überfischung der Meere koste jährlich etwa 50 Milliarden Dollar (knapp 37 Milliarden Euro). Missmanagement und Überkapazitäten hätten dramatische wirtschaftliche Verluste für die weltweite Fischereiwirtschaft nach sich gezogen. Für die vergangenen drei Jahrzehnte werden die Verluste auf zwei Billionen Dollar geschätzt. Das entspreche etwa dem Bruttoinlandsprodukt Italiens, verglich die Umweltstiftung WWF und forderte ein konsequentes Umsteuern in der Fischereipolitik.
Der Report empfiehlt, staatliche Zuschüsse abzubauen, um die enormen Überkapazitäten zu verringern. «Überfischung bedeutet weniger Fische und höhere Kosten, um diese zu fangen.» Ein Zuviel an Fischerbooten schmälere wegen der überflüssigen Investitionen und Betriebskosten die Gewinne. «Weltweit gesehen ist fast eine halbe Tonne Treibstoff nötig, um eine Tonne Fisch zu fangen», halten Weltbank und FAO fest.
«Die Ozeane werden leergefischt, der Lebensraum Meer wird zerstört», kommentierte der WWF-Meeresexperte Stephan Lutter die neuen Zahlen. «Eine Milliarde Menschen bangen um ihre wichtigste Nahrungsquelle, 77 Prozent der globalen Fischbestände gelten als bis an ihre Grenzen befischt oder überfischt.» Sollte diese Ausbeutung nicht gestoppt werden, könnten die Meere im Jahr 2050 leergefischt sein. (dpa)