Schweiz: Schnee-Chaos am Matterhorn setzt Tausende Touristen fest

Zermatt - Rund 13.000 Winterurlauber sitzen wegen akuter Lawinengefahr in der Schweizer Skiregion rund um das Matterhorn fest.
Nur gut fünf Kilometer liegen zwischen dem abgeschnittenen Wintersport-Ort Zermatt und der Gemeinde Täsch, von der aus die Busfahrt ins Tal möglich ist. Auf diesen Kilometern lauert aber eine tödliche Gefahr: Weil Unmengen Schnee gefallen sind und es dann Föhn gab mit höheren Temperaturen, drohen die Schneemassen unkontrolliert ins Tal zu donnern. Die Straße und die Bahnlinie könnten voll getroffen werden.
Die Lage ist so prekär wie seit Jahren nicht mehr. Allerdings nicht für die Menschen im Dorf, versichert die Gemeinde. Zermatt selbst ist nicht von Lawinen bedroht. "Es gibt keine Panik", sagt Janine Imesch von Zermatt Tourismus.
Pisten sind gesperrt
Wenn die Versorgung gesichert ist, wenn Strom und Heizung funktionieren, schweißt die Sperrung der Zugangsstraße die Unerreichbaren zusammen. Zermatt hatte am Dienstagmorgen kurz keinen Strom, die Versorgung stand später aber. In den Straßen herrschte teilweise ausgelassene Stimmung. Einige Geschäftsleute schenkten umsonst Wein aus, andere richteten kostenlos Käsegerichte an. Geschäfte und Hotelküchen waren gut ausgestattet, wie sie versicherten.
Skifahren ging nicht: Die Pisten und Wanderwege sind als Vorsichtsmaßnahme gesperrt. Wer trotzdem dringend weg muss, kann sich ausfliegen lassen. Die Air Zermatt, sonst unter anderem für Rettungseinsätze und Lawinensprengungen im Einsatz, fliegt die Leute nach Täsch, auf dem Luftweg ein Katzensprung.
Fünf bis sieben Menschen passen in einen Hubschrauber, man müsse einfach zum Heliport kommen, sagt eine Mitarbeiterin von Air Zermatt. 70 Franken - rund 60 Euro - kostet der Flug. Einige Dutzend Touristen nutzten am Dienstag die eingerichtete Luftbrücke, um sich mit dem Hubschrauber nach Täsch ausfliegen zu lassen. Sie fanden sich mit Koffern am Heliport ein, um Zermatt zu verlassen, wie das Schweizer Fernsehen zeigte. Die meisten Besucher blieben aber.
Zugstrecke soll freigesprengt werden
Mit kontrollierten Lawinensprengungen wollen Einsatzkräfte die Bahnstrecke zum abgeschnittenen Skiort Zermatt am Matterhorn wieder sicher machen. Dort sind Einheimische und rund 13.000 Touristen von der Außenwelt praktisch abgeschnitten.
"Die zuständigen Personen arbeiten mit Hochdruck an der Wiedereröffnung der Bahnstrecke Täsch - Zermatt", teilte die Gemeinde am Dienstagabend mit. Die Zufahrtsstraße und die Bahnlinie mussten wegen akuter Lawinengefahr geschlossen werden. Der Ort selbst war nicht bedroht. Die Pisten und Wanderwege ringsum waren aber geschlossen.
Die Strecke solle voraussichtlich im Laufe des Mittwochs wieder befahrbar sein, sagte der Einsatzleiter des Lawinendienstes, Bruno Jelk, dem Schweizer Fernsehen. "Wir müssen Lawinen sprengen können. Danach müssen wir das ganze Mattertal abfliegen und die Lawinenhänge einen nach dem anderen beurteilen", sagte er. Nur, wenn die Experten bei den Überflügen mit eigenen Augen sehen, dass die Gefahr gebannt ist, werden Bahnlinie und Straße freigegeben. In der Nacht bleiben die Strecken bei solchen Gefahrenlagen grundsätzlich geschlossen.
Shopping und Wellness waren angesagt
Eigentlich wollte die Gemeindeverwaltung im Ort freie Fahrt haben, um Schneemassen beiseite zu schieben. "Damit die Räumungsarbeiten reibungslos durchgeführt werden können, bitten wir Sie, in den Gebäuden zu bleiben", hieß es auf der Webseite der Gemeinde. Doch ließen die Menschen sich den Zeitvertreib nicht nehmen. Shopping und Wellness waren angesagt, hieß es von Menschen vor Ort.
Uhren- und Schmuckläden, Bergausrüstung aller Art, Souvenirs, Saunalandschaft, Maniküre - alles im Angebot. Ab und zu dröhne etwas wie Kanonendonner durch die Straßen: Lawinensprengungen. Rund um Zermatt hat die Bergwacht seit Jahren Leitungen unter dem Schnee verlegt, damit sie bei Bedarf an besonders kritischen Stellen ferngelenkt Lawinen auslösen kann. Dann können die Schneemassen kontrolliert ins Tal rutschen.
Weil es nicht mehr schneite, sank die Lawinengefahr etwas, wie Lawinenexpertin Christine Pielmeier dem Sender Radio Rottu Obewallis sagte. "Mit dem Ende von den intensiven Schneefällen rechnen wir nicht mehr mit so vielen spontanen Lawinen", sagte sie.
Zwei Meter Schnee in 24 Stunden
Auch in anderen Dörfern im Kanton Wallis war die Lage schwierig. Mehrere waren von der Außenwelt abgeschnitten. In Visp mussten 20 Menschen in Sicherheit gebracht werden, weil Massen von Schlamm ihre Häuser bedrohten, wie die Einsatzbehörden berichteten.
Für Teile des Wallis, darunter der Wintersport-Ort Saas-Fee, verhängte das Lawinenforschungsinstitut zeitweise die höchste Gefahrenstufe. Seit Dienstagnachmittag galt dann nur noch die zweithöchste Stufe vier. Viel Schnee in den vergangenen Wochen und anschließend Föhn mit höheren Temperaturen und Regen machten die Lage auch dort so gefährlich. In der Region Simplon waren innerhalb von 24 Stunden zwei Meter Schnee gefallen.
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