Schweigsame Zeugen im «Hells Angels»-Prozess

Hannover (dpa) - 14 Mitglieder der berüchtigten Rockergruppe «Hells Angels» müssen sich seit Montag wegen eines Raubüberfalls auf ein Vereinsheim der verfeindeten «Bandidos» bei Bremen verantworten.
Der Prozess vor dem Landgericht Hannover begann unter strengen Sicherheitsvorkehrungen. Rund um das Justizgebäude liefen Dutzende Polizisten mit Spürhunden Patrouille. Die Angeklagten wurden mit Hand- und Fußfesseln in den Gerichtssaal geführt.
Den Rockern im Alter zwischen 32 und 47 Jahren wird Raub und schwere Körperverletzung vorgeworfen - dafür könnten sie nach dem Gesetz bis zu 15 Jahre hinter Gitter kommen. Beobachter gehen allerdings davon aus, dass das Gericht den Prozessbeteiligten einen Handel vorschlagen könnte, um das umfangreiche Verfahren mit insgesamt 17 Verteidigern zu einem schnellen Abschluss zu bringen. Danach könnte gegen ein Teil-Geständnis ein Höchststrafmaß von zwei Jahren Haft plus Schmerzensgeld vereinbart werden, so dass die Strafe theoretisch noch zur Bewährung ausgesetzt werden könnte.
Der brutale Überfall vom März 2006 konnte nur dank eines Aussteigers der «Hells Angels» aufgeklärt werden. Der 32-Jährige, ein bulliger Mann mit langem schwarzem Zopf, ist ebenfalls angeklagt. Er sitzt aus Sicherheitsgründen aber nicht auf der Anklagebank, sondern direkt neben seinem Verteidiger. Dieser erklärte, sein Mandant werde seine Aussage vor Gericht nicht wiederholen, die Details könnten aber den Akten der früheren Vernehmungen entnommen werden. «Es gibt eine Bedrohungslage, aber von einer konkreten Bedrohung gegen meinen Mandanten ist mir nichts bekannt», sagte Rechtsanwalt Hans Meyer-Mews. Auch die übrigen Angeklagten wollten zu der Tat keine Angaben machen.
Einige der fünf Opfer des Überfalls auf das «Bandidos»-Vereinsheim in Stuhr-Brinkum bei Bremen trugen schwerste Verletzungen davon. Die Opfer seien aber trotzdem «wenig kooperativ» gewesen, hieß es von der Staatsanwaltschaft. Unter Rockern gilt der Ehrenkodex, dass Streitigkeiten direkt und ohne Einschalten der Polizei geregelt werden.
Über die Motive für die Tat gibt es bislang keine Erkenntnisse. Unter den Opfern war auch der Chef der Bremer «Bandidos». Er wurde im Sommer in Münster zu lebenslanger Haft verurteilt, weil er ein Jahr nach dem Überfall auf das Vereinsheim an einem Rachemord an einem «Angel» in Ibbenbüren beteiligt war.
Die «Hells Angels« und die «Bandidos» liefern sich seit Jahren überall in Deutschland erbitterte Revierkämpfe. Zuletzt vor drei Wochen hatte das Landgericht Cottbus über ein «Bandidos»-Mitglied geurteilt, das sich mit Schüssen gegen einen «Hells Angels»-Angriff zur Wehr gesetzt hatte. Bei dem Überfall bei Bremen schlugen die «Angels», allesamt mit Sturmhauben maskiert, mit Axtstielen auf die «Bandidos» ein. Dann fesselten sie die fünf verfeindeten Rocker und verklebten ihnen die Augen. Anschließend raubten sie aus dem Tresor die Trophäen der «Bandidos», darunter Vereinsembleme und andere Insignien.
Der Prozess wird am Dienstag mit den ersten Zeugenvernehmungen fortgesetzt. Zwei Polizisten und der Besitzer einer Autowerkstatt neben dem «Bandidos»-Vereinsheim sollen dann als Zeugen aussagen.