Schwangere Ministerin vor ihren Soldaten
Seit die Katalanin Chacon an der Spitze des spanischen Verteidigungsministeriums steht, begegnen ihr Offiziere mit «mehr Höflichkeit» als dem Vorgänger. Andere zweifeln, ob das ein Job für eine Frau ist.
Kaum ein Gesicht prägt die neue spanische Regierung mehr als das der Verteidigungsministerin Carme Chacon. Die 37-jährige schreibt Geschichte - allein, indem sie mit Kind im Bauch eine Truppenformation abschreitet. Es mag sein, dass die erste Verteidigungsministerin in Spanien keinerlei militärische Erfahrung hat. Mit Konflikten kennt sie sich aber aus, und mit ihrem Amtsantritt löste sie auch gleich einen Konflikt mit Rom aus: Dort merkte der konservative Wahlsieger Silvio Berlusconi süffisant an, das Kabinett des sozialistischen Ministerpräsident José Luis Rodriguez Zapatero sei ja eher rosa als rot.
Zapatero will ein Zeichen gegen den «Machismo» setzen und Spanien mit der Aufhebung der traditionellen Geschlechterrollen weiter modernisieren. Chacon ist im Kabinett in bester Gesellschaft: Neun Frauen stehen acht Männern gegenüber. Erstmals gibt es auch ein Ministerium für Gleichberechtigung, das die 31-jährige Bibiana Aido leitet. Chacon aber löste die größte Aufmerksamkeit aus. Während Frauenrechtsgruppen ihre Ernennung begrüßten, monierte eine Organisation ehemaliger Offiziere ihren Mangel an militärischem Hintergrund. Um jeden Verdacht der Diskriminierung abzuwenden, versicherten die Offiziere zugleich, dass Chacons Schwangerschaft kein Problem darstelle. An Soldatinnen hat sich die Gesellschaft schließlich gewöhnt - rund 15 Prozent der 130.000 «Mann» starken Streitkräfte sind Frauen.
Seit dem 18. Geburtstag bei den Sozialisten
«Die Tatsache, dass eine Frau die Verantwortung für das Verteidigungsministerium übernimmt, ist ein Beweis für die Integration der Streitkräfte in der spanischen Gesellschaft», erklärte Chacon zu ihrem Amtsantritt. Und damit kennt sich die Katalanin aus. In Barcelona und später in Kanada studierte sie Jura mit dem Schwerpunkt Verfassungsrecht. Der Sozialistischen Arbeiterpartei (PSOE) gehört sie schon seit ihrem 18. Geburtstag an. In Zapateros erster Amtszeit wurde sie zur Wohnungsbauministerin berufen. Ihr Mann Miguel Barroso war früher im Pressebüro Zapateros tätig. Zu ihrem ersten Auftritt im neuen Ressort trug Chacon hochhackige Schuhe, einen schwarzen Hosenanzug und eine weiße lockere Bluse. Dann rief sie die Soldaten auf, sich dem Ausruf anzuschließen: «Lang lebe Spanien! Lang lebe der König!» Ein hoher Offizier versicherte in der Tageszeitung «El Pais»: «Wir begegnen ihr mit dem gleichen Respekt wie ihren Vorgängern und mit noch mehr Höflichkeit.»
Konservative: «provozierendes Experiment»
Aus der konservativen Ecke kommt aber bereits Gegenwind auf. Die Zeitung «El Mundo» fragte in einem Leitartikel, was denn geschehe, wenn Chacon im Juni in den 16 Wochen dauernden Mutterschutz gehe. Zapatero habe das Verteidigungsministerium für ein «provozierendes Experiment» missbraucht. «Die Zeit wird klären, ob dies ein großer Fortschritt oder Unsinn ist.» (Daniel Woolls, AP)
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