SchülerVZ-Erpresser: Selbstmord in der U-Haft

BERLIN - Matthias L. (20) wollte das soziale Netzwerk SchülerVZ mit geklauten Daten erpressen – in der Nacht zum Samstag hat er sich in der Jugendstrafanstalt Plötzensee erhängt.
Dramatische Wende im Fall des SchülerVZ-Erpressers Matthias L.: Der 20-Jährige hat sich in der Nacht zum Samstag in seiner Zelle das Leben genommen.
Die Beamten fanden den Toten am Samstagmorgen in seiner Zelle in der Berliner Jugendstrafanstalt Plötzensee, in der er seit dem 20. Oktober in Untersuchungshaft saß – der in Erlangen geborene junge Mann hatte sich mit einem Bettlaken erhängt. „Zu den genauen Umständen können wir noch nichts sagen“, meint Bernhard Schodrowski, der Sprecher der Justizverwaltung, zur AZ. „Die Kriminalpolizei hat jetzt die Ermittlungen übernommen.“
"Ich probiere, das gesamte VZ zu crawlen"
Es ist das tragische Ende eines jungen Menschen, der schnell zu Geld kommen wollte – mit falschen Mitteln. Matthias L. war gut im Hacken, kannte sich im Programmieren aus. Mit einem selbst entwickelten „Crawler“, einem Programm zur automatischen Durchsuchung von Internetseiten, hatte er persönliche Daten wie Name, Schule, Geschlecht, Alter und Profilfoto von 1,6 Millionen Nutzern im sozialen Netzwerk SchülerVZ gesammelt. Sein Ziel: „Ich probiere, das gesamte VZ zu crawlen“, wie er auf seiner Youtube-Seite schrieb, wo er das selbst entwickelte Programm in einem Video stolz präsentiert hatte.
Mit den gesammelten Daten wollte er 80000 Euro von den Betreibern erpressen. Das ging allerdings gründlich schief. Bei einem Treffen in den Firmenräumen der Betreiber im Berliner Stadtbezirk Pankow wurde Matthias L. festgenommen. Beim anschließenden Verhör gestand er, das Unternehmen mit den Datensätzen erpresst zu haben. Er drohte den Betreibern damit, die heiklen Daten ins Ausland verkaufen zu wollen, sollte er das Geld nicht erhalten.
"Er hätte nur zwei, drei Jahre auf Bewährung bekommen"
Die Internetgemeinde reagierte prompt auf den Selbstmord von Matthias L.: „Wie feige – zumal er nur zwei bis drei Jahre auf Bewährung bekommen hätte“, findet ein User, ein anderer meint: „Was er entwickelt hat, ist gut, die Art und Weise, wie er an Kohle kommen wollte, ist einfach ,Bäh’.“
SchülerVZ ist Teil der VZ-Netzwerke, die daneben auch StudiVZ und MeinVZ betreiben. Benutzer können sich auf der Seite ein Profil einrichten, es mit persönlichen Informationen füllen und mit anderen Nutzern in Kontakt treten. Nach Firmenangaben haben sich insgesamt 15 Millionen Mitglieder bei den VZ-Netzwerken registriert. Matthias L. war selbst Teil der Gemeinde – so war er auch an die Daten gelangt.
K. Serdarov