Schamlose Pfleger: Fotos von hilflosen Patienten

Vier Männer und eine Frau verunstalten ältere Menschen in der Aachener Klinik und machen davon Bilder, die sie verbreiten. Drei von ihnen bekommen dafür Bewährung, alle müssen Geldstrafen zahlen.
von  az
In dieser Klinik in Aachen ist es zu den Übergriffen gekommen.
In dieser Klinik in Aachen ist es zu den Übergriffen gekommen. © dpa

Aachen - Ihre Opfer sind völlig wehrlos. Ältere Frauen und Männer, teilweise dement oder noch von der Narkose benommen. Sie liegen in der Notaufnahme Aachen, sind auf die Hilfe der Krankenpfleger angewiesen. Genau diese sind es aber – vier Männer und eine Frau – die es ausnutzen, dass ihre Patienten ihnen völlig ausgeliefert sind.

Mit schlimmen und entwürdigenden Fotos. Einen Mann beschmieren sie beispielsweise mit weißer Creme im Gesicht. Machen ein Foto von ihm. Einige der Patienten liegen unbekleidet in ihrem Bett – Foto. Einem dementen Herzpatienten werden "Dracula"-Zähne aufgemalt und etwas auf dem Bauch geschrieben – Foto. Eine Pflegerin legt sich zu einem hilflosen Mann ins Bett, macht dazu ein "Victory"-Zeichen – Foto. 

Diese festgehaltenen, entwürdigenden Situationen von hilflosen Senioren entstehen zwischen Herbst 2013 und Sommer 2014. Doch damit nicht genug, die Krankenpfleger wollen sich offenbar auch noch gemeinsam darüber lustig machen: Die Fotos werden beim Nachrichtendienst "Whatsapp" in einen Gruppen-Chat der Pfleger hochgeladen. Die Gruppe nennen sie "Quatsch-Gruppe".

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Im Sommer 2014 bekommt die Aachener Klinikleitung davon Wind. Ein anonymer Hinweis ist eingegangen. Die Krankenpfleger werden daraufhin entlassen, sollen aber laut „WDR“ schon wieder bei anderen Einrichtungen arbeiten. Am Donnerstag müssen Stefan K., Kristof H., Rafal B., Cem K. und Marlene C. – alle zwischen 25 und 32 Jahre alt – für die Taten vor Gericht

Es geht insgesamt um Fotos von neun Patienten. An der Entstehung der Aufnahmen waren die Angeklagten abwechselnd beteiligt. Sie alle halten sich gestern Aktenordner vor ihre Gesichter – sie wollen nicht fotografiert werden.

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Das Urteil: Drei der Angeklagten sind vom Gericht zu Freiheitsstrafen zwischen sechs und acht Monaten verurteilt worden – auf Bewährung. Alle müssen Geldstrafen wegen Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs zahlen – die Beträge liegen zwischen 750 und 4200 Euro. Ob sie weiter als Krankenpfleger arbeiten dürfen, ist noch offen.

Die Städteregion Aachen muss über den Widerruf der Berufserlaubnis entscheiden. Die Notaufnahme ist eigentlich eine Art Zufluchtsort für die Patienten. Gerade dort sei man auf die Hilfe der Pfleger angewiesen, so die Richterin. Die Fotos seien ein Vertrauensbruch.

"Die Täter sind diejenigen, die eigentlich eine Fürsorgepflicht haben", sagte die Richterin gestern beim Urteil. Während des Prozesses hatten die Angeklagten teilweise eingeräumt, die entwürdigenden Bilder geschossen zu haben.

Aber: Die Umstände sollen ganz andere gewesen sein als die, von denen die Anklage spricht. Laut den Angeklagten hätten einige der Patienten zugestimmt, andere wollten sogar ausdrücklich, dass Fotos von ihnen gemacht wurden.

Dass die Fotos bei "Whatsapp" geteilt wurden, sei versehentlich passiert. Eigentlich wollte man nur Fotos einer Fortbildung unter einander verbreiten. Oberstaatsanwalt Wilhelm Muckel sagte, die Angeklagten hätten das Vertrauen erschüttert, dass in der Klinik Aachen die Privatsphäre der Patienten geachtet werde. Ihre Verteidiger befanden: Geldstrafen wären ausreichend.

Rosemarie Vielreiche

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