Sauerland-Prozess: Terrorpläne im «Ausmaß vom 11. September»
Die Männer waren getrieben vom «abgrundtiefen Hass» gegen die USA, sie wollten «möglichst viele Menschen» töten: Dieses Bild zeichnete die Bundesanwaltschaft von den Angeklagten zum Auftakt des Sauerland-Prozesses.
Unter strengen Sicherheitsvorkehrungen hat in Düsseldorf einer der größten Islamistenprozesse der Bundesrepublik begonnen. Die Bundesanwaltschaft wirft den zum Islam konvertierten Deutschen Fritz G. und Daniel S., dem Deutsch-Türken Attila S. und dem Türken Adem Y. vor, Bombenanschläge auf US-Einrichtungen in Deutschland geplant haben.
«Die Angeklagten waren getrieben von dem Willen, auch in Deutschland die Feinde des Islam - vornehmlich US-Bürger - zu vernichten und dabei das Ausmaß der Anschläge vom 11. September zu erreichen», sagte Bundesanwalt Volker Brinkmann bei der Verlesung der 40seitigen Anklage. Die Mitglieder der Sauerland-Gruppe seien erfüllt gewesen von einem «abgrundtiefen Hass auf die USA als größtem Feind des Islam. Doch auch deutsche Opfer seien ihnen willkommen» gewesen», ergänzte Bundesanwalt Ralf Setton. Denn die Angeklagten hätten ein «medienwirksames Zeichen des Terrors setzen wollen».
«Möglichst viele Menschen töten»
Ihr Ziel sei es gewesen, bei den Anschlägen «möglichst viele Menschen» zu töten, sagte der Anklagevertreter. Dies zeige etwa die Äußerung von G.: «Wenn jeder von uns 50 tötet und ein paar verletzt, dann haben wir mindestens 150 Tote.» Als Ziele ihrer Anschläge hatten sie Gaststätten, Pubs, Diskotheken und Flughäfen ins Visier genommen.
Die Bundesanwaltschaft legt den Angeklagten Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung, Vorbereitung eines Sprengstoffanschlags und Verabredung zum Mord zur Last. Der 23-jährige Daniel S. muss sich zudem wegen versuchten Mordes verantworten, weil er bei seiner Festnahme auf einen Polizisten geschossen haben soll.
Die Verteidiger der Angeklagten bezweifelten allerdings in Stellungnahmen anlässlich der Prozesseröffnung die Verwertbarkeit wichtiger Ermittlungsergebnisse der Behörden. «Das gesamte Verfahren krankt an der Vermischung von Geheimdienst- und Verfassungsschutzinformationen, die unter Missachtung des verfassungsrechtlich verankerten Trennungsgebotes an die Polizei weitergegeben wurden», hieß es in einer Erklärung der Verteidiger von Attila S. und Y. Insbesondere die Rolle von V-Männern bleibe im Dunklen.
Lange Prozessdauer erwartet
Laut Staatsanwaltschaft waren die Angeklagten nach ihrer Ausbildung in einem pakistanischen Terrorcamp nach Deutschland zurückgekehrt, um eine eigenständige Zelle der Islamischen Dschihad-Union zu gründen und hierzulande selbst im «Heiligen Krieg» zu kämpfen. Der 29-jährige G. gilt als Rädelsführer der Sauerland-Gruppe. Ab Dezember 2006 soll er mit den Anschlagsvorbereitungen begonnen haben. Er kaufte demnach zwölf Fässer mit insgesamt 730 Kilogramm Wasserstoffperoxid-Lösung, aus der in Heimarbeit ein gefährlicher Sprengstoff hergestellt werden sollte. Zusammen mit Daniel S. und dem 30-jährigen Y. wurde G. im September 2007 in einer spektakulären Polizeiaktion in einem Ferienhaus im Sauerland festgenommen.
Schon vor dem Zugriff hatten die Ermittler jedoch die Lösung gegen eine harmlose Ersatzflüssigkeit ausgetauscht, um jede Gefahr für die Bevölkerung auszuschließen. Der 24-jährige Attila S. wurde im November 2007 im anatolischen Konya gefasst und etwa ein Jahr später nach Deutschland ausgeliefert. Er soll für die Beschaffung der Sprengzünder verantwortlich gewesen sein. Der 6. Strafsenat des Gerichts hat zunächst 40 Prozesstage bis Ende August angesetzt. Beobachter rechnen allerdings mit einer deutlich längeren Verfahrensdauer. Den Angeklagten drohen Haftstrafen zwischen zehn Jahren und lebenslang. (AP)
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