Satelliten-Kollision war erst der Anfang

Der Zusammprall zweier Satelliten im All hat in einer ohnehin schon überfüllten Umlaufbahn eine Trümmerwolke um die Erde geschickt. Die kleinen Geschosse gefährden nun auch Esa-Satelliten.
von  Abendzeitung
Weltraumschrott
Weltraumschrott © dpa

Der Zusammprall zweier Satelliten im All hat in einer ohnehin schon überfüllten Umlaufbahn eine Trümmerwolke um die Erde geschickt. Die kleinen Geschosse gefährden nun auch Esa-Satelliten.

Weltraumschrott wird für die Raumfahrt zunehmend zum Problem. Er hat in den vergangenen Jahren so stark zugenommen, dass er für Flüge der US-Raumfähren ein größeres Risiko darstellt als die Gefahr in den Start- und Landephasen. Seit Jahren überwacht eine eigene Einheit der US-Streitkräfte, das Space Surveillance Network, den Schrott. 17 Radaranlagen und acht Teleskope auf der Erde sowie ein Teleskop im Orbit scannen die Umlaufbahnen. Den Beobachtungen nach umkreisen derzeit rund 17.000 Trümmerteile mit einer Größe von mindestens zehn Zentimetern die Erde. Dazu kommen noch rund eine halbe Million kleinere Schrottsplitter mit einer Größe von ein bis zehn Zentimetern.

Durch den Zusammenprall der zwei Satelliten am Dienstag 800 Kilometer über Sibirien kommen nun weitere Trümmer hinzu. «Momentan werden mehrere Dutzend Teile gezählt, sagte Mark Matney vom Johnson Raumfahrtzentrum in Houston. «Ich nehme an, dass es mehrere hundert sind, wenn die Zählung abgeschlossen ist», sagte der auf die Erforschung der Weltraumtrümmer spezialisierte Astronom. Die beiden künstlichen Himmelskörper kollidierten mit einer Geschwindigkeit von rund zehn Kilometer pro Sekunde.

ISS nicht gefährdet

Die Teile der beiden Satelliten wurden in Umlaufbahnen geschossen, die sich in 500 bis 1300 Kilometern über der Erde befinden, wie der russische Generalmajor Alexander Jakuschin mitteilte. Die Trümmerteile umkreisen die Erde nun mit einer Geschwindigkeit von etwa 200 Metern in der Sekunde. Es wird nach Einschätzung der Nasa Wochen dauern, bis feststeht, ob die Trümmerteile andere Satelliten oder das Weltraumteleskop Hubble gefährden könnten. Die Internationale Raumstation ISS und der kommende Start der Raumfähre «Discovery» am 22. Februar sind ersten Angaben nach aber nicht gefährdet. Wie die Organisation «Union of Concerned Scientists» mitteilte, ereignete sich der Zusammenprall in einer extrem überfüllten Umlaufbahn des Orbits. Bei der Kollision am Dienstag seien besonders viele kleine Teile weggesprengt worden, die nun für Jahrzehnte die Erde umkreisen. Die Wucht des Zusammenpralls habe eine Trümmerwolke verursacht, die ähnlich der Druckwelle eines Schusses die anderen Satelliten in dieser Höhe treffe, sagte David Wright von der Vereinigung. Die kleinen Trümmerteile zwischen einem und zehn Zentimetern seien dabei besonders gefährlich, da sie von den Scannern nicht bemerkt werden und somit einer weiteren Kollision ausgewichten werden könne.

Angst bei der Esa

Auch bei der europäischen Raumfahragentur Esa wird mit Sorge auf die eigenen Satelliten geschaut. Die beiden Presitigeobjekte, die Erdbeobachtungssatelliten «ERS-2» und «Envisat», umkreisen in exakt derselben Umlaufbahn wie die Unglückssatelliten die Erde. Ein Zusammenprall mit den rasend schnellen Trümmern würde fast zwangsläufig den Totalverlust bedeuten. Beide Erdbeobachter kosten jeweils mehrere Milliarden Euro. Vor der Kollision am Dienstag waren vier Fälle bekannt, bei denen Objekte im Weltraum zusammengestoßen sind. Dabei handelte es sich aber um kleinere Satelliten oder ausgebrannte Raketenstufen. «Wir wussten, dass dies irgendwann einmal passieren würde», kommentiert Nasa-Astronom Matney den jüngsten Vorfall. «Kollisionen werden in den kommenden Jahrzehnten eine immer größere Bedeutung haben.»

Hohe Geschwindigkeit

Nach Angaben «Union of Concerned Scientists» gab es im Jahr 2006 mehr als 800 aktive Satelliten im All. Der an der Kollision beteiligte russische Satellit Kosmos-2251 hatte ein Gewicht von nahezu 1000 Kilogramm, er wurde bereits 1993 für die militärische Kommunikation in den Weltraum gebracht und war seit 1995 nicht mehr funktionsfähig. Der amerikanische Iridium-Satellit wog 560 Kilogramm und zog seit 1997 seine Kreise um die Erde. Die US-Firma Iridium LLC betreibt zurzeit 65 aktive Satelliten im Weltraum. Ihr Hauptzweck ist die Übertragung von Gesprächen und Daten mit Satellitentelefonen. Acht Ersatzsatelliten kreisen zusätzlich, die bei einem Ausfall einspringen können. Die Iridium-Satelliten haben eine ungewöhnlich niedrige Umlaufbahn und rasen mit besonders hoher Geschwindigkeit um die Erde.

Seit Donnerstagabend kreisen noch vier weitere künstliche Himmelskörper um die Erde: Eine europäische Trägerrakete vom Typ Ariane-5 brachte vom Startplatz Kourou in Französisch-Guayana vier Satelliten ins All. An Bord war unter anderem ein Satellit für den europäischen Betreiber Eutelsat. (nz/dpa/AP)

merken
Nicht mehr merken
X

Sie haben den Inhalt der Merkliste hinzugefügt.