Sag's mir ins Gesicht: ARD fordert zum Pöbeln auf - keiner macht mit

Die Tagesschau fordert derzeit anonyme Kommentatoren und Verfasser von Hasskommentaren zu einem Video-Dialog auf. Bei der Aktion "Sag's mir ins Gesicht" stellen sich prominente ARD-Gesichter live auf Facebook ihren Kritikern. Kai Gniffke machte am Sonntag den Anfang - mit überraschendem Ergebnis.
von  dpa/az
Kai Gniffke, Anja Reschke und Isabel Schayani stellen sich User-Kritik live auf Facebook.
Kai Gniffke, Anja Reschke und Isabel Schayani stellen sich User-Kritik live auf Facebook. © ARD/Tagesschau

Hamburg - Am Sonntag startete "Sag's mir ins Gesicht", eine Aktion der Tagesschau. Ziel ist es, durch den direkten Diaolog mit Usern die Diskussionskultur im Internet zu verbessern und zu ergründen, warum manche Nutzer besonders emotional reagieren und hasserfüllte Kommentare schreiben. "In den vergangenen Monaten und Jahren ist der Ton immer rauer, hemmungsloser und brutaler geworden", sagte ARD-aktuell-Chefredakteur Kai Gniffke. "Hetze, Mobbing und Pöbeleien sind an der Tagesordnung."

Überraschend zahme User

Umso erstaunter war Kniffke beim ersten Video-Dialog von "Sag's mir ins Gesicht", bei dem die User in respektvollem Tonfall Kritik an der ARD übten. "Ich hatte gedacht, dass es ein paar Leute gibt, die richtig losmaulen und auch verbal schärfer werden. Das war überhaupt nicht der Fall, es fiel kein beleidigendes Wort. "Es war sogar sehr zivilisiert", sagte Gniffke nach dem Live-Dialog am Sonntagabend im Interview mit tagesschau.de. "'Du Hetzer, du Arschloch' - das schreibt sich viel leichter als es jemandem ins Gesicht zu sagen."

Gniffke habe vorab keine Ahnung gehabt, was ihn im Live-Dialog mit den Usern erwarten würde. "Ich war darauf gefasst, dass das Ganze auch tosend in die Hose gehen kann. Umso mehr freue ich mich, dass es offensichtlich sehr viel respektvoller geht, wenn man miteinander spricht." Zum Hintergrund der Aktion erklärte er: "Ich wollte denen zeigen, dass wir keine Mimosen sind, die sich zu fein dafür sind, auch mal Diskussionen zu führen, die etwas schärfer sind." Es sei ihm darum gegangen, Gesprächsbereitschaft zu zeigen. "Auch mit denen, die uns sehr scharf kritisieren oder sogar abschaffen wollen."

Neue (Talk-)Runde, neues Glück

Der ARD-aktuell-Chefredakteur forderte dazu auf, ihm ins Gesicht zu sagen, was den Zuschauern nicht gefalle. Einseitige Berichterstattung lautete ein Kritikpunkt, nicht ausreichende Trennung zwischen Meinung und Nachricht, zu große Regierungsfreundlichkeit oder sogar im Auftrag des Staates zu handeln. Weitere Themen waren die Berichterstattung über US-Präsident Trump und den Ukraine-Konflikt.

Am Montag wird sich Anja Reschke ab 19 Uhr live der Kritik der User stellen, am Dienstag folgt Isabel Schayani. Nach der letzten Video-Diskussion bleibt jedoch fraglich, ob sich in den verbleibenden Talk-Runden auch nur ein einziger Kommentator zu Wort melden wird, der einen schärferen Ton gegenüber den Tagesschau-Journalisten anschlägt.

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