Russland: Suche nach „Arctic Sea“ in vollem Gang

MOSKAU/HELSINKI - Lösegeldforderungen und keine genaue Lokalisierung: Dennoch verlaufe die Suche nach dem seit gut zwei Wochen verschwundenen finnischen Frachtschiff „Arctic Sea“ erfolgreich, sagte der russische NATO- Botschafter Dmitri Rogosin im russischen Fernsehen.
Wie die russische Nachrichtenagentur Itar-Tass weiter in der Nacht zum Sonntag berichtete, betonte Rogosin, allein Russland habe die vollständigen Informationen, um eine geeignete, wohl überlegte Entscheidung zu treffen. Alle andere Versionen im Internet und der Presse seien mehr mit Spekulationen verbunden. Einzelheiten nannte Rogosin nicht.
Laut Itar-Tass ermitteln die Polizeibehörden in Finnland, Schweden und Malta in Zusammenarbeit mit Kollegen in mehr als 20 Ländern, Interpol und Europol, um das Rätsel des Verbleibs des in Malta registrierten Schiffs aufzuklären. Die Agentur zitierte weiter eine offizielle Erklärung der maltesischen Schifffahrtsbehörde, wonach es unmöglich sei, die Öffentlichkeit zur Zeit zu informieren. Die Lage werde durch eine Lösegeldforderung und die Gefahr für das Leben und die Gesundheit der Besatzung kompliziert.
Nach Angaben der finnischen Polizei fordern Unbekannte ein Lösegeld für das Schiff. Ein Polizeisprecher sagte am Samstag in Helsinki, der von den Schiffsbesitzern verlangte Betrag sei „beträchtlich, aber nicht gewaltig“. „Wir untersuchen einen Fall von schwerer Erpressung.“ Die genaue Summe wollte er ebenso wenig preisgeben wie Details darüber, auf welchem Wege die Forderung gestellt wurde. Über die Position des Schiffes gibt es weiterhin keine Informationen.
Auch am Samstag wurde nichts über eine heiße Spur zum Verbleib des 98 Meter langen Schiffes und seiner 15-köpfigen russischen Besatzung bekannt. Der finnische Reeder des Schiffes dementierte Berichte, wonach der Frachter am Vormittag ein automatisches Positionssignal aus dem Golf von Biskaya vor der westfranzösischen Atlantikküste gesendet haben soll. Am Freitag war bekanntgeworden, dass das Schiff in den vergangenen Wochen zweimal – einmal in der Ostsee und einmal vor Portugal – angegriffen worden war.
Der Direktor der Reederei Solchart Management Ltd., Viktor Matwejew, zeigte sich enttäuscht, dass sich auch Berichte, nach denen die „Arctic Sea“ von der Marine der Kap Verden vor Westafrika gesichtet worden sei, lediglich als eine weitere „Spekulation“ herausgestellt hätten. Seine Mitarbeiter bemühten sich rund um die Uhr, Kontakt zu dem Schiff herzustellen, betonte Matwejew im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur dpa. Seine Sorge gelte jetzt allein den Besatzungsmitgliedern: „Ich bete für ihr Leben.“
Das Schiff, das Holz im Wert von über einer Million Euro von Finnland nach Algerien bringen sollte, ist seit gut zwei Wochen verschwunden. Vor der französischen Atlantikküste war das Schiff zuletzt am 30. Juli beobachtet worden. Den letzten Funkkontakt hatte die britische Küstenwache am 28. Juli gehabt, als die „Arctic Sea“ den Ärmelkanal durchquerte. Seit Tagen wird darüber spekuliert, ob der Frachter in die Hand von Piraten gefallen, gesunken oder mit einer geheimen Ladung – möglicherweise Waffen – in Richtung Afrika unterwegs ist.
dpa