Risiko Zug? So sicher ist Bahnfahren

Die Schicksale und Bilder aus Garmisch bewegen und machen manchem Angst – doch die Statistik zeigt, dass die Bahn deutlich sicherer als das Auto ist.
von  Rosemarie Vielreicher
Ein auseinandergeschnittenes Waggonteil wird in einem nahe gelegenen Kieswerk vom Laster gehoben und gelagert. Dort soll es genauer begutachtet werden.
Ein auseinandergeschnittenes Waggonteil wird in einem nahe gelegenen Kieswerk vom Laster gehoben und gelagert. Dort soll es genauer begutachtet werden. © Foto: dpa

Ein gewaltiger Spezialkran mit 250 Tonnen ist am Wochenende nötig, um die beschädigte Lok bei Burgrain aufzustellen. Auch mehrere Waggons des Zuges Richtung München waren am Freitag bei Garmisch auf die Seite gestürzt.

Gestern liefen die Aufräumarbeiten erneut an. Die Wrackteile verschwinden nach und nach, das große Fragezeichen bleibt noch immer: warum? Vor Trümmern stehen nicht nur die Helfer, sondern auch die Familien, die einen geliebten Menschen verloren haben.

Fünf Opfer - darunter Geflüchtete aus der Ukraine

Am Wochenende mussten die Einsatzkräfte ein fünftes Opfer vermelden - damit sind vier Frauen (32, 39, 51 und 70) sowie ein Bub im Teenageralter gestorben. Zwei der Frauen sollen Berichten zufolge aus der Ukraine stammen - sie waren mit ihren Kindern vor den Bomben in ihrer Heimat nach Deutschland geflohen.

Schock zum Start des 9-Euro-Tickets

Diese Schicksale, die Bilder der entgleisten Waggons schockieren den Freistaat und ganz Deutschland. Aktuell noch mehr, weil sich viele ein 9-Euro-Ticket gekauft haben und auf Regionalzüge umsteigen wollen. Sie fragen sich jetzt: Wie sicher sind Züge eigentlich?

Die Statistiken lassen keine Zweifel: Das Auto birgt weit mehr Risiko. Nimmt man die Zahlen vor der Corona-Pandemie - denn in der Krisen-Zeit fuhren sowohl weniger Menschen Auto als auch Zug - zeigt sich: 2019 starben 3.046 Menschen auf deutschen Straßen - aber nur 147 Menschen bei Zugunfällen.

Eine Statistik des gemeinnützigen Verkehrsbündnis Allianz pro Schiene.
Eine Statistik des gemeinnützigen Verkehrsbündnis Allianz pro Schiene. © Allianz pro Schiene

Eisenbahn-Unfälle sind weniger geworden

Diese Unglücke sind zudem in den vergangenen Jahren weniger geworden: 2017 waren es noch 508 Eisenbahn-Unfälle "mit Personenschaden", wie es das Statistische Bundesamt trocken nennt. Im Pandemie-Jahr 2020: 432 - darunter sechs Entgleisungen. Diese Ursache wird derzeit auch in Garmisch vermutet. Entgleisungen sind der Statistik zufolge selten, und von 2010 bis 2019 starb dabei nur ein Mensch.

Ursachen für Zugunfälle

Welche Ursachen kann ein Zugunfall noch haben? Für 2020 wurden des Weiteren 15 Zusammenstöße von Zügen und 36 Kollisionen mit Gegenständen aufgezählt, berichten die "Stuttgarter Nachrichten". Die meisten Unfälle passieren an Bahnübergängen, bei Bauarbeiten oder wenn Menschen die Gleise betreten.

Die meisten Toten und Verletzten saßen nicht im Zug

Diese Tatsache bestätigt auch ein Blick auf die Toten und Verletzten. 2020 starben 160 Menschen bei Zugunfällen - darunter waren aber nur zwei Fahrgäste und sechs Bahnbedienstete. Die restlichen führt das Statistische Bundesamt unter "Sonstige Personen" - also Menschen, die nicht im Zug saßen. Auch bei den Schwerverletzten, insgesamt 103, waren nur sechs Fahrgäste und 15 Bahnbedienstete betroffen.

"Überall in Europa ist Bahnfahren sicherer als Autofahren"

Allianz pro Schiene ist davon überzeugt: "Überall in Europa ist Bahnfahren sicherer als Autofahren. Auch in Deutschland hält die Bahn ihren Spitzenplatz als sicherstes Verkehrsmittel." Das Bündnis hat errechnet (Stand 12/2021): Das Risiko, in einem Zug zu sterben, ist 57-mal geringer als in einem Auto. Auch das Verletzungsrisiko ist demnach 150-mal geringer (als Basis dafür gilt der Durchschnitt 2011 bis 2020 pro Milliarde Personenkilometer).

Unglücke lassen sich nie ausschließen

Einige Erklärungen dafür im Vergleich zum Autofahren: Die Lokführer sind ausgebildet, die Vorschriften streng. Das Eisenbahnbundesamt (EBA) fungiert zudem als Aufsichts- und Genehmigungsbehörde für die Eisenbahnen des Bundes. Gänzlich auszuschließen ist ein Unglück aber eben nie - sei es durch menschliche Fehler, Technikprobleme oder veraltete Systeme.

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