Risiko Riesen-Stadt: Gefahr durch Naturkatastrophen
MÜNCHEN - Überschwemmungen, Erdbeben, Stürme: Heute passieren doppelt so viele Naturkatastrophen wie in den 80er Jahren. Die Zahl der Naturkatastrophen steigt – wie die Zahl der Opfer. Besonders gefährdet: Menschen in den neuen Mega-Citys.
Überschwemmungen, Erdbeben, Stürme: Heute passieren doppelt so viele Naturkatastrophen wie in den 80er Jahren – und siebenmal so viele wie in den 50er Jahren. Das hat das WHO-Zentrum zur Erforschung der Epidemiologie von Katastrophen (CRED) in Brüssel errechnet. Die Zahl der Opfer solcher Katastrophen steigt im Angesicht der wachsenden Weltbevölkerung besonders stark an. In den 90er Jahren starben weltweit 43000 Menschen pro Jahr, zwischen 2000 und 2009 waren es schon 78000 und im ersten Quartal 2010 bereits 300000.
Das höchste Risiko tragen Menschen in den neuen Riesen-Städten. „Am gefährdetsten sind die Mega-Citys, die sich ohne Plan, Infrastruktur und funktionierende Verwaltung über Hunderte von Kilometern erstrecken“, heißt es in einem UN-Katastrophenschutzbericht. Unkontrollierte Stadtentwicklung, Armut und Umweltzerstörung sind Hauptrisikofaktoren.
Die Hälfte der Menschheit lebt heute in Erdbebengebieten. Denn es wachsen vor allem jene Großstädte, die den Bebengürtel säumen, der sich vom Iran bis nach Japan zieht. Die großen Städte Südostasiens, Südamerikas und Nordafrikas sind akut gefährdet.
Dabei ist die objektive Schwere einer Katastrophe gar nicht ausschlaggebend. „Nicht die Stärke eines Bebens entscheidet über das Ausmaß der Katastrophe für die Menschen“, sagt Kathleen Tierney von der Uni Colorado im „P.M.“-Magazin. „Es kommt vielmehr darauf an, was sich oberhalb der Erde abspielt.“ Der „World Disaster Report“ des Internationalen Roten Kreuzes zeigt, dass derzeit weltweit jeder Zweite im urbanen Bereich lebt. Und eine Milliarde Menschen muss in Slums leben – dort haben Katastrophen, wie man derzeit an Haiti sieht, besonders schlimme Folgen. „In Slums breiten sich Seuchen leichter aus“, sagt Wolfgang Kopetzky vom Roten Kreuz. Außerdem gibt es dort keine Frühwarnsysteme oder sturm,- und erdbebensichere Gebäude.
Deswegen starben beim Beben in Haiti am 12. Januar 223000 Menschen. Das Erdbeben in Chile vom 27. Februar war viel stärker – es setzte 500 Mal soviel Energie frei – es starben aber nur 521 Menschen. „Das zeigt, wie wichtig moderne, Erdbeben angepasste Baustandards sind“, saht Peter Höppe, Leiter der GeoRisiko-Forschung der Munich Re.
Der weltweit größte Rückversicherer hat 2010 ungewöhnlich hohe Kosten durch Naturkatastrophen. Das Erdbeben in Chile ist um ein vielfaches teurer als das von Haiti. Denn es wurden viele versicherte Industrie- und Gewerbeanlagen beschädigt. Deswegen ist Chile mit rund einer Milliarde US-Dollar der drittgrößte Schaden in der Firmengeschichte der Munich Re – nach dem Anschlag auf das World Trade Center und dem Wirbelsturm Katrina. ta
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