Reifen geplatzt? 38 Tote bei Busunglück in Italien
Neapel - Den Rettern bot sich ein Bild wie nach einem Flugzeugabsturz: zerborstenes Metall, Plastik, Gepäck, blutige Stofffetzen, Wrackteile. 30 Meter war am Sonntagabend ein Reisebus in der Nähe von Neapel von einer Autobahnbrücke in die Tiefe gestürzt. Beim Aufprall zerbrach das Fahrzeug in zwei Teile. Mindestens 38 Menschen starben – unter ihnen der Fahrer.
Ermittler versuchen zu klären, wie es zu dem Busunglück auf der Autobahn zwischen Neapel und Bari nahe Avellino gekommen ist. Es gibt erste Hinweise: Laut Augenzeugen platzte ein Reifen hinten links. Das bestätigen drei Frauen, die mit ihrem Auto den Bus überholen wollten. Die Lauffläche eines Reifen sei durch die Luft geflogen, sagten sie Reportern der Zeitung „Il Mattino“. Die Polizei dagegen vermutete, der Bus sei zu schnell gefahren.
Sicher ist: Der vollbesetzte Reisebus geriet ins Schlingern. Obwohl der Fahrer noch verzweifelt versuchte, sein Fahrzeug unter Kontrolle zu bekommen, rammte es mehrere Autos. Diese hatten wegen eines Staus auf der abschüssigen Straße bremsen müssen. Dann durchbrach der Reisebus die Leitplanke und stürzte 30 Meter in den Abgrund.
38 der 48 Menschen an Bord kamen ums Leben. Die Reisegruppe war auf einem Wochenendausflug und hatte Wallfahrtstätten des Heiligen Padre Pio besucht. Auch Kinder waren im Bus, sechs von ihnen haben das Unglück überlebt und liegen im Krankenhaus. Die meisten Insassen sollen sich gekannt haben, einige sogar miteinander verwandt sein.
Die Leiche des Busfahrers wird jetzt obduziert und auf Rückstände von Alkohol oder Drogen untersucht. Doch die drei Augenzeuginnen aus dem überholenden Auto nennen ihn einen Helden: Er habe den Bus nicht auf die Gegenfahrbahn oder ins Stauende gesteuert, sondern nach rechts in die Leitplanke, sagten sie der Zeitung. Sonst hätte es womöglich noch mehr Opfer gegeben.
Die Polizei untersucht, ob der Bus technische Mängel hatte. An der Unglückstelle gab es keine Bremsspuren. Es könnte auch sein, dass die Bremsanlage defekt war. Die Staatsanwaltschaft ermittelt wegen fahrlässiger Tötung.
Die Rettungsarbeiten in der Tiefe waren schwierig. Mit Sägen schnitten sich Helfer in die beiden großen Wrackteile. Immer wieder hielten sie inne, um nach den Rufen von Überlebenden zu hören. Für die meisten Passagiere kam aber jede Hilfe zu spät. Ihre Leichen wurden zunächst mit Tüchern bedeckt neben das Wrack gelegt. Später wurden sie in Särgen in die Turnhalle des Ortes Monteforto Irpino gebracht. Dort trafen den ganzen Tag über Angehörige ein, die über TV und Radio von dem Unglück erfahren hatten.
Ministerpräsident Enrico Letta weilt gerade in Griechenland und sagte einen Besuch der Akropolis ab. „Das ist ein trauriger Tag“, so Letta. „Es gibt keine Worte dafür. Zeitungs-Kommentatoren kritisieren: Das bergige Autobahnstück sei gefährlich, es habe schon viele Unfälle gegeben. Trotzdem sei die Strecke nie entschärft worden.