Raus an die Ränder
Annette Zoch, AZ-Redakteurin, schreibt über den neuen Papst
Die Begeisterung und Zuneigung, die dem neuen Papst von vielen Katholiken entgegengebracht wird, ist beinahe mit Händen zu greifen. Doch man darf sich nicht täuschen: Dieser Papst wird ein schwieriger Papst. Schwierig für alle Seiten. Für die Konservativen, weil Franziskus den von ihnen geforderten Rückzugsprozess aus allem Weltlichen durchbricht, weil er näher zu den Menschen will und weil er das vatikanische Protokoll umwirft.
Schwierig wird er aber auch für die Reformer, gerade in der westeuropäischen Kirche. Denn einerseits ist Franziskus in Fragen wie Stellung der Frau oder Lockerung des Zölibats ebenfalls ein Konservativer. Noch viel wichtiger ist aber: Der Papst aus Argentinien hält all diese Fragen für nicht so bedeutsam wie wir in den westlichen Industriestaaten. Auf grundlegende institutionelle Reformen darf man deshalb nicht hoffen, allenfalls darauf, dass er die Zügel lockerer lässt.
Die drängenden Probleme seines Pontifikats – das deutet sich in all seinen Reden und Gesten an – ist der Kampf gegen Armut und Elend auf der Welt. Dass nun im Klerus ein neuer Wettbewerb ausbricht à la „Wer ist der Bescheidenste?“ führt an Franziskus’ Grundidee vorbei: Ihm geht es vor allem um eine unbequeme, eine nicht-bequemliche Kirche. Eine, die rausgeht, „an die Ränder der Gesellschaft“. Dahin, wo sie gebraucht wird. An den Rändern ist es ungemütlich, da geht es ums Überleben und da sind manche Fragen auch erst mal unwichtig.