Proteste und Notfallpläne: Europa im Finanzstrudel
Politiker in Sorge, Bürger auf den Barrikaden – in ganz Europa haben die Folgen der Finanz- und Eurokrise für ein turbulentes Wochenende gesorgt. Griechenland, Island, Deutschland: Die Krise hält die Politiker und die Bürger in Atem.
BERLIN/REYKIAVIK Während die Griechen ihre Regierung wegen des anstehenden Sparprogramms attackieren, ist man in Nordeuropa schon weiter: Die Isländer servierten bei einer Volksabstimmung mit überwältigender Mehrheit die Finanzpläne ihrer Regierung ab. Auch in Deutschland wird weiter um die Krise des Euro debattiert – ein Überblick:
Die Eurokrise Deutschland denkt jetzt an massive Konsequenzen aus den massiven Währungsturbulenzen: So will Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) einen eigenen Europäischen Währungsfonds (EWF) auf die Beine stellen. Vorbild ist das weltweite Pendant IWF. Der Vorschlag ist extrem weitreichend: Ein EWF wäre eine Art schnelle Eingreiftruppe, die kriselnden Staaten aus der Patsche hilft. Das bedeutet: Europaweit müssten die Mitgliedsstaaten im Bedarfsfall zahlen. Gleichzeitig würde die jeweilige Landesregierung durch Auflagen faktisch entmachtet.
Radikal auch ein weiterer Vorschlag Schäubles: Er will Spekulationsgeschäfte verbieten, die sich gegen ganze Staaten richten können. Durch solche Börsendeals war Griechenland in Schieflage geraten.
In Athen geht derweil das Tauziehen weiter: 87 Prozent der Bürger fürchten laut Umfragen soziale Unruhen durch das Sparprogramm. Verständnis für verletzten griechischen Stolz zeigte unterdessen Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU). In Deutschland habe es unangebrachte Häme gegen Hellas gegeben.
Der Islandkrimi Es war die erste Volksabstimmung überhaupt auf der Atlantikinsel. Und trotz Schneesturms ließ das Thema keinen Isländer kalt: Mit einer Mehrheit von 93 Prozent lehnte sich das Volk gegen die Finanzpläne der eigenen Regierung auf. Die sollten der Insel eigentlich die Rettung bringen: Irrwitzige Bankgeschäfte hatten das Finanzsystem in den Abgrund gestürzt. Die Regierung verabredete daraufhin einen Entschuldungsplan mit den Gläubigerländern England und Holland. Gegen den lehnen sich jetzt die Bürger auf, von denen viele ihr Hab und Gut verloren. „Sinnlos“ sei das Votum, schimpfte Regierungschefin Sigurdardóttir – sie muss jetzt nachverhandeln. mue