Prinz Frisos Tod "nicht geplant, aber gewünscht"?
Die 18 letzten Lebensmonate von Prinz Friso im Wachkoma und der Tod des Adeligen am Montag rühren ein heikles Thema an: Sterbehilfe. Berichten niederländischer Medien zufolge ist es aber unwahrscheinlich, dass Frisos Ableben aktiv herbeigeführt wurde.
Den Haag - Noch sind die letzten Trauerbekundungen für den am Montag verstorbenen Prinz Friso von Oranien-Nassau nicht verklungen, da steht schon die Frage nach den genauen Umständen seines Ablebens im Raum. Denn der Prinz lag seit einem Lawinenunglück in den österreichischen Alpen vor 18 Monaten im Wachkoma - eine Aussicht, dass er sein volles Bewusstsein wiedererlangen könnte, gab es kaum: Die Ärzte hatten bereits direkt nach dem Unfall von "unwiederbringlichen Hirnschäden" gesprochen. Eine Situation, in der Angehörige über Sterbehilfe nachdenken müssen.
Als Zeichen dafür, dass die niederländische Königsfamilie das in Frisos Fall tat, hatten Beobachter bereits die Verlegung des Prinzen aus einem Londoner Krankenhaus in sein Elternhaus "Huis ten Bosch" bei Den Haag im Juli gewertet. Anders als in Großbritannien ist in den Niederlanden aktive Sterbehilfe erlaubt. Allerdings spricht Medienberichte zufolge einiges dafür, dass der Tod des Prinzen am Montag nicht die Folge eines Eingreifens der Ärzte war. "Aktive Sterbehilfe scheint nahezu ausgeschlossen", kommentierte etwa eine Reporterin des Fernsehsenders "VTM" am Montag.
Als Indiz gegen einen Tod aufgrund einer Sterbehilfe deuten viele Medien im Nachbarland den Umstand, dass die Königsfamilie sich zum Todeszeitpunkt nicht bei Friso befand. So berichtet die Onlineausgabe der Tageszeitung "AD", König Willem-Alexander und seine Familie hätten sich im Urlaub in Griechenland befunden und seien erst nach der Nachricht von Frisos Tod zurück in die Niederlande gereist. Auch die Tatsache, dass just gestern Frisos Cousin, Prinz Jaime, seine bevorstehende Hochzeit mit der Rechtsanwältin Viktoria Cservenyak bekanntgab, spreche gegen einen geplanten Tod.
Das Blatt hat zu der Frage auch einen "Freund und Vertrauten" der königlichen Familie befragt. "Euthanasie war es nicht, denn soweit ich weiß, gab es keine Patientenverfügung", sagte der Insider. Er sprach von einer "bitteren Gnade" für den Prinzen, den er als "starken und intelligenten Mann" beschrieb.
Zur Frage, wie es tatsächlich zum Tod Frisos gekommen sein könnte, befragte die Tageszeitung "Volkskrant" unterdessen mehrere Mediziner. Das Ableben sei möglicherweise "nicht geplant, aber gewünscht" gewesen, vermutete etwa der Spezialist für nichtangeborene Hirnschädigungen Hans Van Dam. So sei es im Allgemeinen möglich, dass bewusst keine Antibiotika gegen eine - bei Komapatienten häufig vorkommende - Lungenentzündung verabreicht werden oder auf andere lebenserhaltende Maßnahmen verzichtet wird, schreibt das Blatt. "Der Prinz ist nicht in ein Krankenhaus transportiert worden. Das zeigt zumindest, dass nicht alle Register gezogen wurden", erklärte Van Dam.
Der Spezialist zeigte zugleich Verständnis für eine mögliche Entscheidung zum Verzicht auf ärztliche Maßnahmen: "Es ist schrecklich, was seine Angehörigen zu ertragen hatten", betonte er. "Der Lebende ist tot, aber der Tote lebt noch. Von der Person ist nichts mehr zu erkennen." Er habe in vierzig Jahren "noch nie erlebt, dass sich Menschen in dieser Situation nicht fragen: 'Wie lange noch?'" Die Frage nach aktiver oder passiver Sterbehilfe spiele dann immer eine Rolle - auch unter religiösen Menschen, berichtete der Experte.
Prinz Friso war bei einem Ski-Ausflug im österreichischen Lech am Arlberg am 17. Februar 2012 von einer Lawine erfasst und verschüttet worden. Er konnte erst nach mehreren Stunden geborgen werden. Seitdem hatte er aufgrund einer Unterversorgung des Gehirns mit Sauerstoff nach dem Unfall im Wachkoma gelegen. Am Montag erlag er nach Angaben des niederländischen Königshauses im Alter von 44 Jahren in Den Haag schließlich den Folgen des Hirnschadens.