Piraten kapern deutschen Gas-Tanker vor Somalia
NAIROBI - Erneut haben Piraten vor der Küste Somalias einen großen Tanker gekapert. Die unter deutschem Management stehende „Longchamp“ wurde in der Nacht zum Donnerstag von sieben Piraten im Golf von Aden geentert.
Die 13-köpfige Besatzung wurde offenbar nicht verletzt, obwohl es eine Schießerei gegeben haben soll.
Der unter der Flagge der Bahamas fahrende Flüssiggas-Tanker war bereits das dritte Schiff, das in den mittlerweile von einem EU-Flottenverband gesicherten Gewässern am Horn von Afrika von Piraten in diesem Jahr aufgebracht wurde.
Die rund 100 Meter lange und 16 Meter breite „Longchamp“ befand sich nach Angaben der Seefahrtsbehörde der Bahamas in einem von EU-Kräften gesicherten Korridor, einem Sprecher der 5. US-Flotte zufolge knapp 100 Kilometer vor der jemenitischen Küste im Golf von Aden. Schulte Shipmanagement erklärte, das Schiff sei in einem Konvoi unterwegs gewesen.
Über Funk Schüsse zu hören
Der Tanker habe einen Notruf abgesetzt, sagte der stellvertretende Direktor der bahamaischen Behörde in London, Robin Phillips. Über Funk seien Schüsse zu hören gewesen. Schiffe und Hubschrauber seien losgeschickt worden, aber zu spät gekommen. Bernhard Schulte Shipmanagement erklärte, die Piraten hätten die Besatzung gezwungen, Kurs auf Somalia zu nehmen.
An Bord befinden sich 13 Personen – zwölf Philippiner und ein Indonesier. „Nach unseren Informationen ist keiner verletzt“, sagte ein Sprecher von Bernhard Schulte Shipmanagement der AP. Derzeit besteht dem Unternehmen zufolge kein Kontakt zu dem Tanker. Aber dem Kapitän sei kurzzeitig erlaubt worden, den Schiffsmanager zu kontaktieren und zu sagen, dass alle Crew-Mitglieder in Sicherheit seien. Die Piraten hätten noch keine Forderungen gestellt.
Phillips zufolge ist die „Longchamp“ für den Transport von Flüssiggas konzipiert. Doch wusste er nicht, ob der Tanker beladen war.
Bundeswehr an Einsatz vor der EU-Küste beteiligt
Seit kurz vor Weihnachten beteiligt sich die Bundeswehr an der EU-geführten Mission Atalanta, die Frachtern und Schiffen des Welternährungsprogramms vor der Küste Somalias Schutz vor Piratenangriffen bieten soll. Für die deutsche Marine ist derzeit die Fregatte „Karlsruhe“ im Einsatz. Gleich nach Beginn ihrer Mission schlug sie mit ihrem Bordhubschrauber Piraten in die Flucht, die einen ägyptischen Frachter von einem Schnellboot aus bedrohten.
Durch das Seegebiet vor Somalia und vor allem den Golf von Aden führt die wichtigste Handelsroute zwischen Europa, der arabischen Halbinsel und Asien. Deutschland hat als Exportnation an sicheren Handelswegen ein besonders großes Interesse.
Mehr als 40 gekaperte Schiffe
Im vergangenen Jahr haben Piraten vor der Küste Somalias mehr als 40 Schiffe gekapert und schätzungsweise 30 Millionen Dollar an Lösegeld erpresst. Die Überfälle auf Schiffe sind inzwischen das einträglichste Geschäft in Somalia, das seit Jahrzehnten keine stabile Regierung mehr hat und völlig verarmt ist.
Erst am 15. November entführten somalische Piraten einen saudiarabischen Öltanker mit 25 Mann Besatzung und Rohöl im Wert von mehr als 100 Millionen Dollar. Die 330 Meter lange „Sirius Star“ war das größte Schiff, das bislang von somalischen Piraten gekapert wurde. Die Entführer gaben es nach knapp zwei Monaten am 10. Januar gegen ein Lösegeld von drei Millionen Dollar (2,2 Millionen Euro) wieder frei. Fünf Piraten ertranken nach der Freigabe im Indischen Ozean.
(AP)