Pfusch und Betrug am Bau könnte Ursache für Stadtarchiv-Einsturz sein

KÖLN - Machten die Bauarbeiter an der Kölner U-Bahn heimlich Geschäfte mit dem Baumaterial? Führte diese Mangelwirtschaft zum späteren Einsturz des Stadtarchivs? Laut einem Medienbericht ist die Staatsanwaltschaft auf Verdächtiges gestoßen.
Pfusch am Bau könnte einem Bericht zufolge die Ursache für den Einsturz des Kölner Stadtarchivs vor knapp einem Jahr sein. Ein Bauarbeiter soll bei der Staatsanwaltschaft eingeräumt haben, dass an der Unglücksstelle bewusst nachlässig gearbeitet wurde, berichtet der «Kölner Stadt-Anzeiger».
Der Aussage zufolge sollen in einer Außenwand, die das U-Bahnbauwerk sichern sollte, zu wenig Eisenbügel eingeflochten worden sein. Ein Sprecher der Staatsanwaltschaft sowie die Kölner Verkehrs-Betriebe (KVB) wollten sich dazu auf DAPD-Nachfrage am Dienstag zunächst nicht äußern.
Der Polier im Visier
Der geständige Bauarbeiter hat nach eigenen Angaben auf Anweisung seines Poliers gehandelt. Die nicht verwendeten Eisenbügel seien an einen Schrotthändler verkauft worden, erklärte er demnach. Der Sprecher der Staatsanwaltschaft, Günther Feld, wollte diesen Sachverhalt laut Bericht «mit Blick auf die laufenden Untersuchungen weder bestätigen noch dementieren».
Der beschuldigte Polier soll die Vorwürfe zurückgewiesen haben. Sowohl seine Wohnung als auch seine Arbeitsstelle seien durchsucht worden. Der etwa 3,50 Meter breite Abschnitt der Außenwand, in dem die Metallbügel fehlen, befindet sich laut «Stadt-Anzeiger» vor der zur Severinstraße gelegenen Front des zerstörten Archivs. Es soll derselbe Abschnitt sein, in dem ein Gutachter bereits vor Monaten «Auffälligkeiten» entdeckt hatte. Zudem gebe es Hinweise darauf, dass das gesetzlich vorgeschriebene Protokoll für diesen Bauabschnitt gefälscht sein könnte, schreibt die Zeitung weiter.
Staatsanwaltschaft bezweifelt die These
Nach Auffassung der KVB könnte das Fehlen der Eisenbügel die Stabilität der Stützwand an dieser Stelle beeinträchtigt haben. Möglicherweise habe die Wand «dem Grundwasserdruck kein ausreichendes Widerlager» geboten, heißt es in einem Schreiben an die Arbeitsgemeinschaft der Bauunternehmen, aus dem der «Stadt-Anzeiger» zitiert. Die Staatsanwaltschaft soll es dagegen für unwahrscheinlich halten, dass das Fehlen der Eisenbügel den Einsturz verursacht haben könnte.
Bei dem Einsturz des Stadtarchivs am 3. März vergangenen Jahres wurden zwei Menschen getötet und zahllose wertvolle Unterlagen, Briefe und Fotos verschüttet. Bislang galten die Bauarbeiten für eine neue U-Bahn-Strecke in unmittelbarer Nachbarschaft als wahrscheinliche Unglücksursache. Die Staatsanwaltschaft ermittelt seit dem Unglück wegen fahrlässiger Tötung. Ein Abschluss der Ermittlungen sei noch nicht absehbar, sagte ein Sprecher am Dienstag.
DAPD