Pfarr-Vorstand klaut 240 000 Euro aus Kirche

Der 53-Jährige hat das Geld aus dem Eintrittautomaten für die Kirchen-Kuppel genommen
Nathalie Waehlisch |
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Wer auf die Kuppel der Nikolaikirche will, muss fünf Euro zahlen. Ein ehemaliger Kirchenrat hat sich das Geld unter den Nagel gerissen.
Wer auf die Kuppel der Nikolaikirche will, muss fünf Euro zahlen. Ein ehemaliger Kirchenrat hat sich das Geld unter den Nagel gerissen.

Der Mann entwendet das Geld aus dem Eintrittsautomaten des Potsdamer Gotteshauses

Ich bin froh, dass alles geklärt ist“, sagt der 53-Jährige am Ende des Prozesses. Über mehrere Jahre hat der frühere Vorsitzende des Gemeindekirchenrats Eintrittsgeld aus der Potsdamer Nikolaikirche in die eigene Tasche gesteckt.

Die Verhandlung am Amtsgericht dauert nur einen Tag. „240 000 – das ist viel, viel Geld“, resümiert Richterin Reinhild Ahle. Das Gericht verurteilte den Mann gestern wegen veruntreuender Unterschlagung zu einer Bewährungsstrafe von einem Jahr und zehn Monaten. Zuvor hatte er ein Geständnis abgelegt. Seit 2009 gibt es in dem markanten evangelischen Gotteshaus im Zentrum der brandenburgischen Landeshauptstadt einen Ticketautomaten für die Turmbesteigung. Fünf Euro kostet der Ausflug in luftige Höhe.

Der Angeklagte war zu der Zeit nicht nur ehrenamtlicher Vorsitzender des Gemeindekirchenrats, sondern auch Geschäftsführer. Er hatte einen Schlüssel zu dem Automaten, leerte ihn – und nahm die Einnahmen an sich. „Ihnen wurde es leicht gemacht, niemand hat Sie kontrolliert“, stellt die Richterin fest. Aber der Mann habe andererseits auch großes Vertrauen über Jahre missbraucht – und über seine Verhältnisse gelebt. Der 53-Jährige räumt ein, er habe etwa 160 000 Euro, die mittlerweile verbraucht sind, auf sein Konto eingezahlt und weiteres Geld anderweitig verwendet. Einen genauen Überblick habe er nicht. Als Grund nannte der Versicherungsmakler, er sei in eine finanzielle Schieflage geraten. „Ein Kampf zwischen schlechtem Gewissen und Notwendigkeit“ In das Ehrenamt in der Kirche hatte er eigenen Angaben zufolge immer mehr Arbeit gesteckt. Das habe er auch in seinem Hauptberuf gespürt.

„Es war immer ein Kampf zwischen schlechtem Gewissen und finanzieller Notwendigkeit.“

Seit seiner Jugend sei er engagierter Christ. Der Verurteilte wird sich verpflichten, 160 000 Euro an die Kirchengemeinde zurückzuzahlen. Dies will er in Raten tun. Er bereue „aus tiefstem Herzen“, betont der 53-Jährige am Ende der Verhandlung. Und er bitte die Kirchengemeinde um Verzeihung. 2013 hatte er Selbstanzeige gestellt und sich Pfarrer Matthias Mielke offenbart – der aus allen Wolken fiel. „Dieses Geld fehlt uns im Haushalt.“ Ohnehin habe die Gemeinde wegen der Sanierung der Kirche, die im 19. Jahrhundert nach Plänen des preußischen Architekten Karl-Friedrich Schinkel erbaut worden war, Schulden in Höhe von etwa 2,4 Millionen Euro. Sie werde wohl noch 50 Jahre brauchen, um sie abzubezahlen.

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