Petrus ist schuld
MÜNCHEN - Humbug oder echtes Problem? Was ist dran an der Wetterfühligkeit? Kopfweh, Übelkeit, Gelenkschmerzen - Das Klima kann die Symptome verstärken, sagt die Wissenschaft
Wenn die Tage kürzer werden, oder wenn’s ungewöhnlich warm ist, so wie derzeit, dann nehmen Klagen über das Wetter zu: „An wolkigen Tagen komme ich nicht in die Gänge“ oder „Wenn Regen aufzieht, habe ich Rückenschmerzen“. Wirken sich Luftdruck, Temperatur oder Luftfeuchtigkeit auf die Gesundheit aus?
Klaus Bucher, Biometeorologe vom Deutschen Wetterdienst in Freiburg (DWD) sagt: „Das Wetter selbst macht nicht krank.“ Aber unterschiedliche Klimafaktoren könnten dem Organismus unter bestimmten Umständen zu schaffen machen.
Frauen leiden mehr als Männer
Einige Forscher unterscheiden zwischen wetterfühligen und wetterempfindlichen Menschen. Wetterfühlige klagen bei Wetterumschwüngen über Schlafstörungen oder Konzentrationsmangel. „Durch das Wetter werden bestehende Symptome verstärkt“, erklärt Dr. Eva Wanka vom Institut für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) München.
Betroffen sind vor allem Senioren, Frauen häufiger als Männer. „Oft sind ältere Menschen mehr betroffen, weil sie mehr Vorerkrankungen haben“, sagt Eva Wanka zur AZ. „Vor allem Gelenkerkrankungen wie Rheuma machen sich dann bemerkbar“. Über Symptome wie Kopfschmerzen und Erschöpfung klagten aber auch Jüngere.
Forscher der LMU glauben, dass niederfrequentierte Luftdruckschwankungen Beschwerden auslösen können. Wanka: „Wir vermuten, dass Luftdruckschwankungen von den Barorezeptoren wahrgenommen werden.“ Barorezeptoren registrieren den Druck des fließenden Blutes an die Gefäße. Unterschiedlich schnelle Schwankungen verursachen Unwohlsein.
Wetterumschwünge machen aggressiv
Befragt nach der Wetterfühligkeit gäben viele ältere Menschen Narbenschmerzen an. „Hier kennt man die genauen Ursachen noch nicht“, sagt Eva Wanka. Eine Theorie sei, dass das Reizleitungssystem durch das Wetter beeinflusst wird und es an der Narbe zu einer Störung kommt, was zu Schmerzen führe. Eine andere Theorie besagt, dass die Haut- und Gefäßerweiterungen bei Temperaturerhöhungen oder Verengungen bei niedrigen Temperaturen zu Schmerzen führe.
In einer Umfrage des Instituts für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin der LMU und des Allensbach–Instituts von 2001 gaben knapp 70 Prozent der 30- bis 44-Jährigen an, unter wetterbedingten Kopfschmerzen zu leiden. In der Altersgruppe der über 60-Jährigen litten fast eben so viele an Gelenkschmerzen. Nur 30 Prozent aller Frauen gaben an, das Wetter habe keinen Einfluss auf ihr Befinden. Bei den Männern waren es über die Hälfte.
Eine andere Studie zeigt, dass die Suizidgefahr bei raschem Luftdruckanstieg und Föhn-Wetterlagen erhöht sei. Zudem sagen Experten, dass Menschen bei extremen Wetterumschwüngen überdurchschnittlich aggressiv sind.
Die AZ bietet wie viele Medien auch Biowettervorhersagen an. Die Angaben seien sinnvoll für diejenigen, die über ihre Erkrankung und den Zusammenhang zum Wetter gut Bescheid wissen, sagt die promovierte Meteorologin Wanka.
Was kann man gegen den Wetter-Blues tun? Wanka rät, sich abzuhärten: „Nicht nur bei Sonne spazieren gehen, sondern sich auch gezielt Temperaturschwankungen auszusetzen.“ Für Gesunde empfehlen sich zudem Saunagänge.
Elena Panagiotidis