Per Mausklick ins Erotik-Abenteuer...

...versprechen Online-Börsen, die keine Romantik, sondern Sex-Kontakte vermitteln. Der Selbsttest im Internet bescheinigt dem Geschäftsmodell hohes Interesse – mindestens seitens der Männer
MÜNCHEN „Teufele69” ist der einzige, der mir ein Foto von sich zeigt – mit neckischer schwarzer Latex-Maske, passend zum Pseudonym. Seine erotischen Wünsche entsprechen zu 40 Prozent meinen, verspricht das Internet-Portal „Secret”. Aber 40 Prozent ist nicht besonders viel, außerdem sucht das Teufelchen eine Gespielin im fernen Waiblingen. Also doch „Phantomas” aus München, auch wenn sein Inserat ohne Foto auskommen muss?
Kaum ein Tag ohne Anfragen. Um zu eruieren, was der Markt hergibt, habe ich mich bei „Secret.de” eingeloggt, ohne Foto und mit einer Altersangabe (48), die auf viele Männer abschreckend wirken müsste. Aber von wegen. Kaum ein Tag vergeht, an dem ich keine Anfragen bekomme – von „Barfüßler”, „SirHenry”, „Goldfüßler” oder „Good4you”.
Internet-Portale für unverbindliche erotische Abenteuer sind im Trend, sagt Henning Wiechers von „singleboersen-vergleich.de”. Nach dem großen Boom der Internet-Singlebörsen beobachtet Wiechers jetzt einen Aufschwung bei der erotischen Partnervermittlung. Seine Erklärung für das Phänomen: Viele Frauen, die sich an die Online-Partnersuche über Singlebörsen gewöhnt hätten, könnten sich mittlerweile vorstellen, die Zeit zwischen zwei Beziehungen mit einer online arrangierten Liebelei zu vertreiben. Aber Wiechers verkündet auch: Die meisten Angebote sind Schrott. Sie seien meist aus Websites von Prostituierte entstanden, mit entsprechend deftiger Aufmachung und wenig Anreizen für weibliche Internet-Nutzer, ihr Profil dort einzustellen.
Detailfreudige Selbst-Auskunft im Netz. Ich bin also gewarnt, hatte mich deswegen zunächst nur auf www.secret.de eingeloggt. Die Website gehört zum Telekom-Tochterunternehmen Scout24 – das sollte für ein gewisses Niveau sorgen, so mein Kalkül. Allein die Anmeldeprozedur steht immerhin für einigen Programmier-Aufwand. Ich musste mich durch einen nicht enden wollenden Fragebogen klicken, angefangen beim „Erotiktyp” („romantisch”, „experimentierfreudig”, „ungezügelt” oder „individuell”?) bis zu konkreten Angaben über Sexpraktiken oder Intimrasur. Etwas ermattet schloss ich den Anmeldevorgang vorzeitig ab – meine Verehrer würden sich mit rudimentären Informationen zufrieden geben müssen.
Hohe Gebühren für Männer, gratis für Frauen. Wirklich zu stören scheint das keinen. Ich kann mich vor Offerten kaum retten – was vielleicht nicht nur an meiner digitalen Ausstrahlung im Netz liegt, sondern auch an der Tatsache, dass mehr Männer als Frauen Erotik-Börsen nutzen. So ergibt sich ein natürliches Ungleichgewicht, das die meisten Börsen zu beheben versuchen, indem sie den Nutzern relativ hohe Gebühren abverlangen (über 100 Euro im Vierteljahr), den Nutzerinnen jedoch keine.
Das ist schön für uns Frauen. Bleibt die Frage: Wie finden wir eine wirklich gute Internet-Erotik-Plattform? Auf www.singleboersen-vergleich listet Wiechers gerade mal drei Börsen auf, die seinen Qualitätsstandards entsprechen – secret.de ist nicht darunter. Gute Börsen müssten unter anderem Karteileichen zügig aussortieren, sagt er, und männliche Nutzer per Eingabemaske „an die Hand nehmen”, damit sie wenigstens ein paar Worte über sich ins Netz stellen, die nicht sofort zur Sache gehen.
Qualitätsstandards hin oder her – ich entscheide mich dann doch zum konventionellen Flirt im Freundeskreis und lösche meinen Account. Wirklich repräsentativ bin ich mit diesem Verhalten nicht, sagt Wiechers: 2009 hätten Casual-Dating-Portale einen Umsatz von 32 Millionen Euro gemacht, 2010 seien es 30 bis 40 Prozent mehr geworden. Wieviel Erotik die Börsen generieren, kann niemand sagen – für auskömmliche Erträge bei den Betreibern scheinen sie immerhin zu sorgen.