Paris feiert die neuen Sterneköche

Paris - Im Februar kocht in Frankreich traditionell die Gerüchteküche fast über: Wer wird bei dem Sterne-Regen des roten Fressführers von Michelin befördert, wer bekommt sein Fett weg und verliert bei der kulinarischen Klassifizierung einen Rang? So war es auch diesmal vor der feierlichen Bekanntgabe der neuen Spitzenköche des Landes, das seinen Ruf als Wiege der "Haute Cuisine" gegen die Kochkunst anderer Länder behaupten muss. Seit 115 Jahren gibt es nun den "Guide Michelin" des Reifenherstellers aus Clermont-Ferrand. Und ungebrochen sind die Neugierde und der Medienandrang, wenn es darum geht, wer aus seiner Küche heraus in den Sternenhimmel gehoben wird.
Zwei Restaurants sind es also, eines in Paris und das andere weitab in den Savoyer Bergen, die von jetzt an auch drei Sterne führen. Diese Goldmedaillen der Kochkunst, ermittelt von dem Heer anonymer Tester des Reifenherstellers, bekommen "Le Pavillon Ledoyen" mit dem Chef Yannick Alleno in Paris und "La Bouitte" von René und Maxime Meilleur in Saint-Martine de Belleville. Sie stiegen in die illustre Reihe der Spitzenrestaurants auf - 26 sind es insgesamt, die wegen ihrer Küche "eine Reise wert" sind. Frankreichs Esskultur ist Unesco-Kulturerbe, doch die Köche haben immer stärkere Konkurrenz - in Frankreich gibt es 609 Sterne-Restaurants, in Japan etwa aber auch bereits fast 540.
Dutzende Männer mit weißen Kochmützen und Schürzen bevölkerten am Montag den prachtvollen Ehrensalon am Pariser Quai d'Orsay, um im Außenministerium ein Zeichen zu setzen auch mit Blick auf die vielen Millionen Frankreich-Touristen jährlich: Diesmal waren es nicht die versierten Diplomaten oder Generäle mit Orden, sondern Sterneköche, die mit dem Hausherrn, Außenamtschef Laurent Fabius, parlierten: "Unsere Gastronomie, das ist Frankreich", so würdigte der 68-jährige Sozialist das, was die Köche als Diplomaten für das Image tun können.
Frankreichs Kochkunst hat mit Fabius einen erstrangigen Förderer zur Seite. Er steht auch hinter dem nächsten Projekt, mit dem am 19. März eine weltweite Aktion auf die französische Küche aufmerksam machen soll: Mehr als 1000 Küchenchefs werden auf allen Kontinenten ihre jeweiligen Menus "à la française" zubereiten, eine Art kollektive Huldigung der französischen Esskultur. Kritiker meinen, dies sei wohl auch nötig, weil es international doch immer mal wieder Schlagzeilen über die Restaurants des Landes gibt, in denen oft gar nicht frisch zubereitet werde, es an Service mangele, aber nicht an hohen Preisen.
"Die gute Küche findet sich überall im Land, Frankreich liebt seine Gastronomie und seine Restaurantchefs", hält der Guide-Michelin-Chef Michael Ellis den Kritikern entgegen. Die Stärke der Regionen in der Kochkunst wird vor allem bei den 37 neuen Restaurants mit einem Stern deutlich: 30 von ihnen liegen außerhalb des Großraums Paris. Besternt sind jetzt auch das "Clair de La Plume" in Grignan und die "Tables de Gaspard" in Saint-Crépin - zwei winzige Orte. Bemerkenswert ist auch, dass ziemlich junge Köche Dynamik in die Kochkunst bringen können: Jeweils einen Stern erhielten der erst 26-jährige Ludovic Turac aus Marseille und der ein Jahr ältere Joël Philipps aus Straßburg.
Sterne sind Ansporn und Herausforderung. "Sie bringen nicht zuletzt Stress", weiß auch Julien Roucheteau von dem Zwei-Sterne-Restaurant "La Table de Lancaster". Nachgesagt wird ihnen, in ihren Kochtöpfen kühn zu kombinieren. Mehrere gaben bei dem Gipfeltreffen der Köche solche Komplimente mit den Worten zurück, ihre Gäste seien neugierige Kenner: "Manche fliegen für ein Essen sogar aus Taiwan ein." Das sagt der frischgebackene Pariser Drei-Sterne-Koch Yannick Alleno auf der kulinarischen Kundgebung rund um das Bib-Männchen des Reifenkonzerns.