Parallelen zu Pistorius: Der O.J.-Simpson-Prozess
1995 bewegte der Prozess gegen den Sportler O.J. Simpson die USA. Warum das auch die Verteidiger von Pistorius bedenken
PRETORIA Vor zwanzig Jahren hat der spektakuläre Prozess um O.J. Simpson die amerikanische Gesellschaft gespalten: Der ehemalige Footballspieler und Schauspieler soll am 12. Juni 1994 seine Ex-Frau Nicole und ihren 25-jährigen neuen Freund Ronald Goldman brutal vor ihrer Wohnung erstochen haben.
Während der Tat schliefen Simpsons Kinder im Haus in ihren Betten. Wenige Tage später nahm die Polizei Simpson nach einer wilden Verfolgungsjagd auf einem kalifornischen Highway – begleitet von TV-Kameras – fest.
Der Gerichtsprozess sollte in die amerikanische Justiz-Geschichte eingehen – als Spektakel: Zum ersten Mal wurden in einem Gerichtssaal Kameras zugelassen. Das Verfahren, so entschied der damalige Richter Lance Ito, habe einen derart hohen Informationswert für die Nation, dass die Fernsehübertragung durchaus gerechtfertigt sei.
Was es dann zu sehen gab, übertraf jede Vorstellung: Misstrauensanträge gegen Richter, Jury und Zeugen , Rassismus-Vorwürfe und Zweifel an der Echtheit von Beweisen. Es wurde ein Indizienprozess. U
nd am Ende konnte die Jury nicht mehr mit Sicherheit sagen, dass Simpson, der seine Frau bekanntlich häufig misshandelt und geschlagen hatte, auch für ihren Tod verantwortlich war und entschied: Im Zweifel für den Angeklagten. Simpson errang einen Freispruch – der bis heute höchst umstritten und für viele Amerikaner ein Fehlurteil ist. Sie glauben, dass ein Mörder frei herumläuft.
Offenbar haben auch die Pistorius-Verteidiger an den berühmten Fall gedacht: Laut der „Times“ hatten sie vergeblich den US-Star-Forensiker Henry Lee um Mitarbeit gebeten: Dessen Aussage im Simpson-Prozess hatte entscheidend zum Freispruch beigetragen.