Papst gibt Pannen im Streit um Pius-Brüder zu

Rom (dpa) - Nach der Rücknahme der Exkommunikation von vier Piusbrüdern hat Papst Benedikt XVI. in einem persönlichen Brief mit ungewöhnlicher Offenheit Pannen im Vatikan zugegeben. Zugleich beklagte er in einem veröffentlichten Schreiben an alle Bischöfe die teils heftige Kritik von Katholiken.
Leider gebe es das «Beißen und Zerreißen» auch heute in der Kirche als Ausdruck einer schlecht verstandenen Freiheit, sagte Benedikt, den Galaterbrief des Apostels Paulus zitierend. Dort heißt es: «Wenn ihr einander beißt und zerreißt, dann gebt acht, dass ihr euch nicht gegenseitig umbringt.» Nun hoffe er, dass sein Schreiben dennoch «zum Frieden in der Kirche» beitrage.
Als «mutig» und «beispielhaft» lobte CSU-Landesgruppenchef Peter Ramsauer den Papstbrief in einem Interview mit der «Süddeutschen Zeitung» (Online-Ausgabe). Der Papst gebe offen Fehler zu, «die innerhalb des Vatikans gemacht wurden». So viel «Courage» wünsche er sich auch von denjenigen, «die seine gut gemeinten Worte leider immer wieder negativ auslegen», meinte Ramsauer. Der Papst habe außerdem unter der kritischen Debatte sehr gelitten. In der Tat äußert sich Benedikt in seinem Brief nicht ohne Bitterkeit zur Woge der Empörung und Kritik der vergangenen Wochen.
«Betrübt hat mich, dass auch Katholiken, die es eigentlich besser wissen konnten, mit sprungbereiter Feindseligkeit auf mich einschlagen zu müssen glaubten», greift der Papst Kritiker seiner Entscheidung in der eigenen Kirche offen an. «Manchmal hat man den Eindruck, dass unsere Gesellschaft wenigstens eine Gruppe benötigt, der gegenüber es keine Toleranz zu geben braucht, auf die man ruhig mit Hass losgehen darf», bedauert Benedikt. «Und wer sie anzurühren wagte (...), ging auch selber des Rechts auf Toleranz verlustig und durfte ohne Scheu und Zurückhaltung ebenfalls mit Hass bedacht werden.» Vor allem die Tatsache, dass der Holocaust-Leugner Richard Williamson unter den vier Pius-Bischöfen ist, hatte weltweit bei Juden, aber auch in der katholischen Kirche selbst und vor allem in Deutschland Empörung und Unverständnis ausgelöst.
Der Papst dankte nun ausdrücklich «den jüdischen Freunden, die geholfen haben, das Missverständnis schnell aus der Welt zu schaffen.» Shear Yashuv Cohen, Leiter einer Delegation des israelischen Oberrabbinats und Oberrabbiner von Haifa meinte bei einem Besuch im Vatikan zum Schreiben des Papstes, damit sei «das Kapitel Williamson abgeschlossen». Auch Vatikansprecher Federico Lombardi hatte das Schreiben zuvor als «Schlusspunkt des Kapitels Williamson» bezeichnet. Cohen lobte zudem die «unzweideutige Verurteilung der Holocaustleugnung vonseiten des Heiligen Stuhls» und dessen «eindeutige Versicherung, hinter der Politik des Zweiten Vatikanischen Konzils zu stehen».
Der Hamburger Erzbischof Werner Thissen nannte die «Offenheit» des Papstbriefes «sensationell». Es sei noch nie vorgekommen, dass der Papst Pannen in der Kommunikation der Römischen Kurie zugebe und Reformen ankündige, sagte Thissen in Hamburg. «Das ist alles andere als ein diplomatischer Brief. Papst Benedikt äußert sich mit bewegender Offenheit», bewertete Thissen das päpstliche Schreiben an alle Bischöfe. Der Papst mache Mut, «die Ergebnisse des Zweiten Vatikanischen Konzils wieder neu wahrzunehmen und zu beherzigen».
Benedikt wirft in dem Brief die Frage auf, ob man die Pius- Gemeinschaft mit ihren knapp 500 Priestern und Hunderten von Seminaristen, Brüdern und Schwestern «beruhigt von der Kirche wegtreiben lassen» könne. «Sollen wir sie einfach als Vertreter einer radikalen Randgruppe aus der Suche nach Versöhnung und Einheit ausschalten?» Viele Misstöne seien seit langem aus der Bruderschaft gekommen, doch müsse die Kirche auch «großmütig sein können im Wissen um den langen Atem, den sie hat». Die Einheit der Christen habe höchste Priorität, stellte er klar.
Benedikt will die für die Traditionalisten zuständige Kommission «Ecclesia Dei» nun stärker anbinden und der Glaubenskongregation angliedern. Die von Kardinal Dario Castrillón Hoyos geleitete Kommission war wegen der «Pannen» um die Rücknahme der Exkommunikation ins Kreuzfeuer der Kritik geraten. Benedikt erläuterte, dass die Traditionalisten keine rechtmäßigen Ämter in der Kirche ausüben, «solange die Bruderschaft keine kanonische Stellung in der Kirche hat». Die Traditionalisten müssten das Zweite Vatikanische Konzil mit seinen Reformen annehmen.