Papst Benedikt XVI.: Er kann nicht mehr
Fassungslosigkeit in der katholischen Kirche: Papst Benedikt XVI. gibt sein Amt zum 28. Februar auf. Die körperlichen und geistigen Kräfte reichen nicht mehr
ROM Erstmals seit über 700 Jahren tritt ein Papst zurück – ein Schock für die katholische Kirche. Papst Benedikt hat bei einer Kardinalsversammlung – für die Anwesenden völlig überraschend – erklärt, dass er sein Amt nach acht Jahren zum 28. Februar, 20 Uhr, aufgeben wird. Seine Kräfte reichten nicht mehr aus. „Wie ein Blitz aus heiterem Himmel“, sagt Kardinal Angelo Sodano. „Wir haben die Botschaft beinahe ungläubig gehört.“
Mit dem Hinweis auf drei Heiligsprechungen hatte das Kirchenoberhaupt die Kardinäle zu einem Konsortium zusammengerufen. Den Anwesenden verkündete der 85-Jährige dann auf Lateinisch, er habe „eine Entscheidung von großer Wichtigkeit für das Leben der Kirche mitzuteilen“. Seine Kräfte seien nicht mehr geeignet, das Amt in angemessener Weise auszuüben. Er verwies auf die Kräfte des Körpers und des Geistes, die zuletzt stark abgenommen hätten. „Nachdem ich wiederholt mein Gewissen vor Gott geprüft habe, bin ich zur Gewissheit gelangt, dass meine Kräfte infolge meines vorgerückten Alters nicht mehr geeignet sind, um in angemessener Weise den Petrusdienst auszuüben. Um das Schiff Petri zu steuern, ist sowohl die Kraft des Körpers als auch die Kraft des Geistes notwendig, eine Kraft, die in den vergangenen Monaten in mir derart abgenommen hat, dass ich mein Unvermögen erkennen muss, den Dienst weiter gut auszuführen. Liebe Mitbrüder, ich danke euch für alle Liebe und ich bitte um Verzeihung für meine Fehler.“
Ihm sei die Tragweite der Entscheidung sehr bewusst und er treffe sie in voller Freiheit. Erst ein Papst vor ihm hat abgedankt: Coelestin V. im Jahr 1294. Nach seiner Erklärung starrten die Kardinäle einander fassungslos an, im Raum sei es totenstill gewesen, berichteten Teilnehmer. Benedikt sprach einen Segen und ging.
Anders als die Kardinäle war sein Bruder seit langem in die Pläne eingeweiht. Die angeschlagene Gesundheit sei der Grund für den Rücktritt, sagte Georg Ratzinger (89) in Regensburg. „Das Alter drückt.“ Das Gehen bereite seinem Bruder zunehmend Schwierigkeiten, die Ärzte hätten ihm geraten, keine langen Flüge mehr zu unternehmen. „Er ermüdet rascher.“ Benedikt XVI. selbst hatte 2010 gesagt: „Wenn ein Papst zur Erkenntnis kommt, dass er physisch, psychisch und geistig den Auftrag seines Amtes nicht mehr bewältigen kann, dann hat er ein Recht und unter Umständen auch eine Pflicht, zurückzutreten.“
"Keine Depressionen"
Vatikansprecher Federico Lombardi erklärte später, der Papst habe keine akute Krankheit. Doch hätten „in den letzten Monaten“ seine Kräfte nachgelassen. Er deutete an, dass dem Papst die Strapazen um Ostern zu viel geworden wären. Darauf angesprochen, dass Benedikt XVI. auch ausdrücklich die nachlassende Kraft des Geistes erwähnt habe, sagte Lombardi nur, der Papst leide nicht an Depressionen. Er kündigte weiter an, dass der Nachfolger bis Ostern gewählt werden soll. „Bis dahin sollten wir einen neuen Papst haben.“ Joseph Ratzinger werde seinen Lebensabend im Vatikan verbringen.
Auf dem Petersplatz vor dem Vatikan löste die Botschaft unter Touristen, Pilgern und Gläubigen fassungsloses Staunen aus. Auch weltweit gingen die Schockwellen durch die Kirche. Was auch immer man von Papst Benedikt hielt – niemand hatte damit gerechnet, dass er aus freien Stücken auf das Amt verzichten wird. Seit Jahrhunderten sind alle Päpste bis zum Tod im Amt geblieben. In den Reaktionen herrschten Erschütterung, Respekt und Lob vor. Gelegentlich war allerdings auch die Erwartung zu hören, dass es jetzt Reformen gibt.
- Themen:
- Benedikt XVI
- Katholische Kirche
- Päpste
- Vatikan