Papst Benedikt: „Gute Nacht und danke euch allen“
Mit diesen schlichten Worten beendet Benedikt XVI. sein Pontifikat. „Ich bin nicht mehr Papst, ich bin nur noch ein Pilger.“ Und so entspannt hat er lange nicht gewirkt.
Rom - Es gibt doch tatsächlich noch Leute, die nicht wissen, was heute los ist in Rom: „Can you tell me what’s going on?“ fragt der US-Tourist auf dem Petersplatz: „Der Papst fliegt weg“, sagt der junge Priester dem Ahnungslosen und lächelt gequält. Minuten später läuten die Glocken von St. Peter, ein ungewöhnliches Ereignis, ein weißer Hubschrauber hebt in den Vatikanischen Gärten ab, und eine Ära geht denkwürdig zu Ende.
„Ich bin nicht mehr Papst, ich bin jetzt nur noch einfacher Pilger, der die letzte Etappe seiner Pilgerschaft auf der Erde beginnt“, sagt Benedikt XVI. eine halbe Stunde später. Die Menge auf dem engen Hauptplatz von Castel Gandolfo jubelt ihm zu. Man meint, den 85-jährigen schon lange nicht mehr so entspannt gesehen zu haben wie hier am Fenster seiner Sommer-Residenz, zwei Stunden vor dem endgültigen Ende seiner Amtszeit. Und seine letzten öffentlichen Worte als Papst sind: „Grazie. Buona notte. Grazie a tutti.“ Wenig später schließen sich die Tore von Castel Gandolfo, und damit endet um 20 Uhr das Pontifikat.
Am Petersplatz gibt es eine TV-Übertragung, es herrscht Grabesstille. Die Rosenkränze der deutschen Jugendgruppe und der südamerikanischen Nonnen sind verklungen. Und die weiß-blauen Bayern-Fahnen werden schon mal zum Tränen-trocknen benutzt: „Ich bin noch am Petersplatz, ich heul' noch“, sagt eine Frau ins iPhone. Es sind definitiv keine Freudentränen.
Der Tag hatte begonnen in der Clementina für den Papst, wo er alle anwesenden Kardinäle verabschiedet. „Unbedingten Gehorsam“ verspricht der Noch-Papst da seinem Nachfolger. Benedikt weiß, dass der Neue unter seinem Zuhörer ist. Weiß er auch, wer von den Kardinälen welche Rolle spielt im ehrwürdigen Intrigenstadl? Wie geht’s weiter? „Die päpstlichen Gemächer werden versiegelt“, sagt der Vatikansprecher später, der Twitter-Account wird „stillgelegt“, den Fischerring musste Ratzinger spätestens bis 20 Uhr ablegen. Der Ring wird „mehr angekratzt als zerschlagen“, sagt Papst-Sprecher Federico Lombardi. Als sei schon genug kaputtgegangen.
Ja, er sei schon etwas traurig, sagt Andreas Grün. „Man erwartet von keinem Staatsmann, dass er alles alleine regeln muss“, meint der Betriebswirt aus Rosenheim. „Der Rücktritt hat etwas positives: Es ist ein Zeichen an die Nachfolger, dass sie’s nicht bis zuletzt aushalten müssen.“ Der 51-Jährige ahnt, dass da ein Image-Problem entstehen wird: „Bald werden’s wieder sagen: Diese Bayern! Erstwerden’s überraschend Papst, und dann dieser Paukenschlag!“
Verständnis für den Rücktritt hört man vor allem auf deutsch. In anderen Sprachen wird in Rom auch anders diskutiert: Was, wenn der neue Papst auch nicht mehr will? Was, was wenn er auch alt und krank wird? Nicht alle finden den ausgeschiedenen Oberhirten so gut wie Cornelius Ali aus Nigeria. Er studiert Theologie in Rom, jetzt schaut er dem Hubschrauber hinterher. Er sagt: „I love the Man.“Title
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